Aussteuer – Es begann mit drei Handtüchern

Aussteuer, Handtücher und Silbergeschirr

(c) Barckhausen

„Aussteuer“, welch ein Wort! Ich habe den Eindruck, dass wir Nachkriegskinder die Letzten sein werden, die damit noch etwas in Verbindung bringen können.

Jedenfalls haben meine Kinder damit schon nichts mehr am Hut gehabt, sie lachten sogar manchmal über ihre Mama, wenn sie ihnen entsprechende Teile zeigte. Ja, so ändern sich die Zeiten und es muss ja auch nicht alles beim Alten bleiben und doch ist es schön, gerade in diesem Monat Januar 2016 über dieses Thema schreiben zu können.

Es passt herrlich, draußen liegt der erste Schnee, es ist matschigglatt und wer nicht sicher auf den Beinen ist, sollte erst einmal in der warmen Stube bleiben. Ich mache es und schreibe mal über dieses Thema:

Was hatten wir denn noch nach dem Krieg? Da mussten sogar die Eltern wieder bei Null anfangen, jedenfalls sehr sehr Viele. Ich durfte die staatliche Handelsschule besuchen und bekam danach eine gut bezahlte Stelle in der Wirtschaft. Gerade 16 Lenze zählte ich, als ich mein erstes Gehalt in Händen hielt. Nun konnte ich meinen Eltern beim Aufbau eines Haushaltes helfen und auch ganz ganz langsam Aussteuer anschaffen.

WAussteuer, Wäsche mit Monogramm

(c) Barckhausen

Meine Tante, die unverheiratete Schwester meines Vaters, schickte mir zu meinem 16. Geburtstag eben für die Aussteuer drei Handtücher. Mutter räumte auf dem Boden eine Holztruhe aus und bastelte in die Mitte eine Teilung. Ab jetzt hatten meine jüngere Schwester und ich ein Behältnis, die Aussteuerschätze geordnet zu sammeln. Wie haben wir uns über jedes hinzukommende Teil gefreut. Oft gingen wir sonntags auf den Boden, machten die Truhe auf und sahen stolz, was sich schon angesammelt hatte.

Herrlich fand ich die Samstagabende. Wir hatten nur ein Radio. Da lief dann: „Das ideale Brautpaar“. Pünktlich war zu Abend gegessen worden, Vater hatte so viel gearbeitet, dass er meist vor 20.00 Uhr zu Bett ging. Nun saßen Mutter und ihre zwei Töchter, hörten gespannt zu, eine Jede mit einer Handarbeit beschäftigt, Mutter meist mit Notwendigem, wir zwei eben für unsere Aussteuer. Besagte Tante, die den Grundstock mit Handtüchern legte, arbeitete in einer Textil-Weberei und beschaffte uns Bettwäsche-Stoff. Wie hat Mutter da zugeschnitten und auf ihrer Nähmaschine mit Fußantritt Stück für Stück genäht. Ich selber bin heute noch stolz darauf, dass ich mich auf das Knopfloch-Herstellen spezialisierte, das brachte Mutter nicht zustande. Ja, ich kann gar nicht zählen, wie viele ich davon ganz exakt hinbekam.

Also dann beim Radiohören stickten wir auch noch unsere Monogramme fein säuberlich in jedes fertige Bettwächsestück.

Der Bollerofen schluckte fleißig gesammeltes Holz, es war kuschelig warm, wir drei fleißig mit den Händen, lauschend mit unseren Ohren, es schaffte was weg. Überhaupt blieb dieses Aussteuerherstellen mehr für die Winterzeit. Sobald es warm wurde, kam der Garten an die Reihe und immer wieder auch Sammeln der Früchte für den Winter. Als wir beiden Mädchen dann heirateten, enthielt unsere Truhe das Wichtigste und daneben stapelten sich auch Kartons mit Ess-und Kaffeegeschirr, Besteck und Töpfen.

Ich durfte damals in der Firma viele Überstunden machen, die gut bezahlt wurden, so habe ich tüchtig mithelfen können, in sieben Jahren meinen Eltern unter die Arme zu greifen und auch für die Einrichtung meiner Wohnung Geld anzusparen.

(c) Barckhausen

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Jedenfalls konnte der Neustart in die Ehe schuldenfrei und gut mit dem Wichtigsten ausgestattet beginnen. Wie stolz begann ich mein Hausfrauen-Leben. Allerdings auch noch 7 Jahre mit Wäschewaschen per Heizkessel in der Waschküche und Schrubben auf dem Waschbrett, Wringen der Wäschestücke.

Herrlich, wie viel leichter es heute ist. Das lobe ich fast jeden Tag. Aber auch diese Zeit des mühsamen Zusammentragens, alles bekam einen anderen Wert und an Wegwerfen dachte kaum einer, es hielt auch. Ich wundere mich noch heute, dass ich immer noch – inzwischen 55 Jahre lang – Dinge aus meiner Aussteuer benutze und sie mich erfreuen. Ein Beispiel, mein Silber-Besteck, damals eine ganz schön teure Anschaffung.

Ja, jede Zeit hat so das Ihre, das ist auch gut so. Ich beobachte, dass Handarbeiten wieder langsam aufkommt. Es hat was, wieviel Garderobe habe ich mir selbst erstellt. Mit den eigenen Händen zu nähen, zu stricken, zu häkeln ist etwas ganz Besonderes, das man nur erfährt, wenn man sich daranmacht. Ein Lob auf dieses Januar-Thema 2016 und eben „Die Aussteuer“.

Elisabeth Kriechel

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