damals …

handgeschriebener Brief

(c)Elfie Siegel

Ein Brief meines Vaters

Am 11. Mai 1945, drei Tage nach dem der Krieg zu Ende war, schreibt mein Vater einen Brief. Er ist Kriegsgefangener und hat einen Bleistift und drei Seiten aus einem linierten Schreibheft zur Verfügung. Die Sütterlin-Schrift ist auf dem dünnen vergilbten Papier heute kaum mehr zu lesen. Mir gelingt es aber bis auf wenige Silben alles zu entziffern.

Auf dem Acker eingebuddelt

…“Ich bin gesund und mir geht es auch einigermaßen gut. Ich bin bei meinen Landsern. Verpflegung ist in Ordnung, nur Brot fehlt. Das wird ja vielen so gehen. Kartoffeln haben wir noch. Meine größte Sorge seid ihr…Wir haben uns einigermaßen wettersicher eingebuddelt auf dem Acker. Leider sind meine ganzen Sachen zum Teufel gegangen….“

Er hat Angst vor Sibirien

„Wir warten hier nur noch auf das, was man mit uns anstellen wird. All zu lange wird man uns nicht mehr festhalten können. Es muß ja auch wieder gearbeitet werden. Nach Russland wird man uns wohl nicht ausliefern, das glaube ich nicht. Lebend komme ich nicht nach Sibirien. Vielleicht kommen wir auf einige Zeit nach Frankreich oder so. ……ich bin ganz zuversichtlich, wenn nur die Sorge um euch nicht wäre. Hoffentlich bist du in Lüneburg geblieben…“ Mein Vater hat den Brief bei einem Gefangenentransport aus dem Fenster geworfen. Eine Frau hat ihn gefunden, ist damit nach Lüneburg gefahren und hat ihn meiner Mutter überbracht. Und ich habe ihn und andere Post meines Vaters bis heute in einem Karton aufbewahrt. Mir ist es wichtig, uns vor Augen zu führen, wie gut es uns geht. Und welche Not ein Krieg für alle Menschen bedeutet. Dabei hatte mein Vater sehr viel mehr Glück als viele seiner Leidensgenossen. Er ist 1946 aus französischer Kriegsgefangenschaft entlassen worden.

Elfie Siegel

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