Vorbereitung auf den Ruhestand – Theorie und Praxis

Plötzlich in Rente, älteres Paar auf der Parkbank

(c) Elfie Siegel

Ich glaubte mich gut vorbereitet. Zeit meines Berufslebens begleitete mich das Thema „ Vorbereitung auf den Ruhestand “ in unterschiedlichen Zusammenhängen. Es begann mit einem Forschungsprojekt während des Studiums und mündete in Bildungsurlaubsseminare, in denen ich, selbst noch weit vom Rentenalter entfernt, mein Wissen weitergeben wollte. Als es dann auch bei mir soweit war, machte ich überraschende Erfahrungen. Es fühlte sich anders an, als erwartet.

Theorie und Erfahrung

Joggerin springt über eine Pfütze

(c) gesche.online ; Karen Schumann

Ich hatte gelernt, worauf es bei einem reibungslosen Übergang vom Arbeitsleben in den sogenannten „Ruhestand“ ankommt: Sich möglichst frühzeitig Gedanken über die zukünftige Lebensgestaltung zu machen und nicht zu warten, bis einem im Rentnerdasein die Decke auf den Kopf fällt. Wer aktiv bleiben will, sollte berufliche oder ehrenamtliche Projekte nach Möglichkeit schon vor dem letzten Arbeitstag in Angriff nehmen.

Schon ein Jahr vor dem anvisierten Rentenbeginn machte ich mich also auf die Suche, sammelte Zeitungsberichte über interessante Projekte, stellte mich bei der einen oder anderen Initiative vor, besuchte den „Markt der Möglichkeiten“ und die „Aktivoli“ (Messe der Feiwilligenagentur).Ergebnis dieses Suchprozesses war immerhin eine klare Vision davon, was ich wollte und was nicht (mehr). Etwas Konkretes hatte sich allerdings bei meinen Recherchen nicht ergeben.

Vorbereitung auf den Ruhestand, Frau trainiert an Trainingsgerät

(c) Gertrud von Hacht

So startete ich ins Rentnerdasein mit Plänen für die Freizeit: Sport, Reisen, Bildung. Alles Weitere würde sich ergeben, dachte ich damals optimistisch und freute mich erst einmal auf den Sommer.

Es sollte anders kommen. Eine Schlechtwetterperiode und ein Unfall machten mir zunächst einen Strich durch die Rechnung. Einen Plan B hatte ich nicht in petto. So begann mein „Ruhestand“ tatsächlich sehr ruhig und ich hatte viel Zeit zum Nachdenken.Jetzt, fast zwei Jahre später, sind der Theorie viele praktische Erfahrungen gefolgt

Was hat sich bewährt, was würde ich heute anders machen?

Vorbereitung auf den Ruhestand, Alte Frau mit Hantel

(c) fotolia; olly

Ins „Blaue“ starten würde ich heute nicht mehr. Zu schnell können einem gesundheitliche Probleme oder andere Schieflagen des Lebens einen Strich durch die Rechnung machen. Insbesondere Pläne, die eine gewisse körperliche Fitness voraussetzen (Sport, Reisen) sind hiervon gefährdet. Ein Plan B sollte vorhanden sein.

Bewährt hat sich in jedem Fall der Faktor Kontinuität. Etwas fortzusetzen, was man auch schon während des Arbeitslebens gerne getan hat: Berufliche Fähigkeiten weiterhin auf Arbeitsebene oder als Ehrenamt ausüben, Hobbys intensivieren, sich Zeit für die Familie und Freunde nehmen.

Der Sprung in etwas Neues kann gelingen, aber es sollte einem bewusst sein, dass die Möglichkeiten, mit 65 beruflich noch einmal neue Chancen zu ergreifen, begrenzt sind. Auch empfehle ich, bei der Auswahl des Ehrenamts oder der beruflichen Tätigkeit nicht übermäßig wählerisch sein. Sollte sich der „Traumjob“ nicht sofort anbieten, ist es sinnvoll, zunächst mit etwas Naheliegendem zu beginnen, um gewohnte Strukturen aufrecht zu erhalten

Plötzlich in Rente, Altersarmut: Alte Frau sitzt alleine vor einem Fenster

(c) fotolia; De Visu

Ich erinnere mich an eine Fernsehdokumentation über ehrenamtlich aktive Rentner. Ein Mittsiebziger berichtete, dass er seit längerem ein Ehrenamt ausübe. Es mache ihm zwar keinen übermäßigen Spaß, aber es helfe ihm zu „funktionieren“. Heute kann ich nachvollziehen, was er mit diesem „Funktionieren“ meinte. Arbeit oder auch ein Ehrenamt bieten uns eine Struktur, ein soziales Eingebundensein sowie Anforderungen, deren Erfüllung unser Selbstwertgefühl stärkt. Herausforderungen, denen wir uns stellen und die wir bewältigen sind hochpotente Antidepressiva. Sie helfen uns, Krisen zu meistern und mit den Herausforderungen des Älterwerdens umzugehen.

Wer in ein „Loch“ fällt muss sich nicht schämen

Was tun, wenn der Übergang ins Rentnerdasein nicht so leicht gelingt, wenn sich Langeweile oder sogar Depressionen einstellen? Zunächst einmal ist es wichtig, sich bewusst zu machen, dass man mit diesem Problem nicht alleine ist, auch wenn man oberflächlich betrachtet, überwiegend zufriedene Ruheständler antrifft. Erst wenn man sich im engeren Freundes- und Bekanntenkreis umhört, erfährt man auch von jenen, die mit dem neuen Lebensabschnitt weniger gut zurechtkommen. Wer sich „outet“ trifft allerdings auf ein gesellschaftliches Tabu. Krankheit und Armut werden als Risiken des Alters thematisiert, psychische Probleme jedoch kaum.

Falsch wäre es, sich deshalb zurückzuziehen. Möglichkeiten gibt es viele. Und jede(r) hat Fähigkeiten, die er für sich und andere nutzbringend einsetzen kann!

Anna Maria Peters

  3 comments for “Vorbereitung auf den Ruhestand – Theorie und Praxis

  1. Elfie sagt:

    „Mach nur einen Plan, mach nur einen zweiten Plan…gehen tun sie beide nicht…“ So hat es B. Brecht gesagt. Anna Maria , hier noch einen zweiten Spruch: „Mut tut gut!“
    Beide Sätze passen für j e d e s Lebensalter.
    Grüße von Elfie

  2. Dorothee sagt:

    Vielen Dank für (den,die,das?) Link „Auswahl des Ehrenamtes“!
    Dorothee

  3. lissi bettina köchling sagt:

    Die Immobilität, die immer häufiger werdenden gesundheitlichen Probleme und vor allem die niedrige Rente bremsen mich hier auf dem Land komplett aus, liessen soziale Kontakte auf Null schrumpfen. Selbst den Eintrittspreis ins hiesige Schwimmbad kann ich mir nicht leisten, ebensowenig Friseur oder Tageszeitung. Jährliches „Highlight“ ist der Besuch eines Flohmarktes. Damit bin ich sicher nicht alleine, wir sind eben die Unsichtbaren. Die Angebote wie Handarbeitsgruppen und Kaffee-und-Kuchen Nachmittage sind für mich absurd (sind wir wieder in den 50ern?), andere finanziell utopisch. Geeignete Räumlichkeiten für anderes wie Lesungen, Kabarett, Musikalische Veranstaltungen, Vorträge, LiedermacherInnen, Ausstellungen – niente. Die Innenstadt mit dem zwar malerischen aber schwer begehbaren Kopfsteinpflaster: Für Alte eine große bis unüberwindbare Schwelle. Immobilität + „Frauenrente“ bedeutet einen Tritt in den Hintern – im übertragenem Sinne. Das sehe ich bei der Tafel, der Kleiderkammer und denen, die sich auch an Containern bedienen, was hoffentlich endlich legalisiert wird. Nicht nur altersbedingt werden wir krank…

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