Jahresausstellung 2016 der Hochschule für Künste Bremen in einem leeren Rathaus.
In Blumenthal, einem fast vergessenen Stadtteil in Bremen, steht das alte Rathaus leer. Warum das so ist, soll hier nicht erörtert werden. Doch es war ein Glücksfall für die Hochschule für Künste Bremen, denn sie konnte hier in all den leeren Räumen – vom Dach bis in den Keller – an einem Wochenende die Abschlussarbeiten von 29 Absolventen vorstellen. Ohne räumliche Einschränkungen konnten die Studenten und Studentinnen aus den Fachbereichen Digitale Medien und Integriertes Design zeigen, was sie für beachtenswert halten.
Ich habe mir alles am letzten Ausstellungstag angesehen und mich dabei gut unterhalten. Obwohl ich längst nicht bei allen Installationen den Hintersinn verstanden habe. Zum Glück waren Erklärungen nicht immer nötig. So bei der Arbeit von Christopher Hoecker, der aus verschiedenen Materialien Schuhe gefertigt hatte oder von Carolin Pertsch, die aus Seegras Hocker gebaut hatte. Gar nicht angesehen habe ich mir Charlett Wenigs Arbeit „The BoneProjekt“. Sie hatte Knochen bearbeitet. Keine gute Einladung für mich, darüber nachzudenken. Die deutsche Nazi-Vergangenheit war plötzlich ganz nah. Ich bin schnell weiter gegangen…
Aber hatte nicht in der Zeitung gestanden, dass die Petra und Dieter Frese Stiftung Bremen drei Preise vergeben hatte? Ich fragte herum, doch es dauerte ein bisschen, bis jemand mir die Arbeiten zeigen konnte. Notiert war es nirgends.
Den ersten Preis – dotiert mit 4000 Euro – hat Susan Buckow für ihre Arbeit „Komische Gegenwart – eine Sondierung aus der Zukunft“ bekommen. Die Preisrichter lobten die feinen Figuren, die zwischen Illustration, Scherenschnitt und Lasercut in ihrer Filigranität und Ausarbeitung, aber auch in der gesamten Fülle große Freude beim Ansehen und Erkunden machen…Die kleinen Drahtfiguren hingen als Fries an der Wand. Hinter jeder schien sich ein Rätsel zu verbergen. Auch ich habe mir diese Arbeit gern angesehen, obwohl ich den roten Faden – Eine Sondierung aus der Zukunft in eine komische Gegenwart – nicht gefunden habe.
Richtig gefreut habe ich mich, dass Alexander Pfeiffenberger und Zora Hünermann für ihren Animationsilm „Talk Time“ mit dem zweiten Platz, dotiert mit 3.250 Euro, ausgezeichnet wurden. In der Jury-Begründung heißt es dazu: Die Arbeit … entpuppt sich hinter der naiv wirkenden Oberfläche als durchdachte, unterhaltsame und smart inszenierte Analyse unserer Zeit, in der Antworten auf komplexe Probleme unserer Gesellschaft immer öfter nicht Lösung, sondern Knock-out bedeuten und Systeme obsolet werden… Für mich war dieser Film ein schöner, heitere Abschluss meines Besuches.
Der dritte Preis und 2750 Euro wurde Charlett Wenig für ihre Arbeit „The BoneProject“ zugesprochen. Wie schon erwähnt, habe ich mir diese Knochen-Arbeit nicht angesehen. Aber die Jury hat gute Gründe gefunden, diese Abschlussarbeit auszuzeichnen. In der Begründung heißt es: Die Arbeit „The BoneProject“ von Charlett Wenig ist eine herausragende interdisziplinäre Forschungsarbeit, die erfolgreich Theorie und Praxis vereint. Durch die gestalterische und intensive Auseinandersetzung mit der Verarbeitung von Tierknochen wurden neue Materialien experimentell entwickelt und zukünftige Anwendungsbereiche erforscht. …. Vor allem begeisterte der bodenständige, stetige und neugierige Forschungsgeist der Arbeit.
Die Preisträger: Zwei Ausschnitte aus der Arbeit „Komische Gegenwart – Eine Sondierung aus der Zukunft“ von Susan Buckow. Und das Bühnenbild zu dem Film „Talk Time“ von Zora Hünermann und Alexander Pfeiffenberger.