Ein Besuch im Pflegezentrum

Alte Frau am Krückstock

(c) Frauenseiten, S. Baumgarten

Mit dem Fachausschuss „Soziales“ des Beirates Obervieland besuchte ich das Pflegezentrum Arsten. Das Haus gehört zur Residenz-Gruppe, wie auch die „Rotbuche“ in Arsten, und wurde im Oktober  von den Betreiber-Gesellschaften Senioren-Wohnpark-Weser GmbH und Senioren-Wohnpark-Stadt GmbH an die französische ORPEA-Gruppe übertragen.

Der Konzern ORPEA ist ein in Frankreich gelistetes börsennotiertes Unternehmen. Es verfügt In Deutschland über rund 12.000 stationäre Pflegeplätze und europaweit über 650 Einrichtungen in acht Ländern mit fast 64.000 Pflegeplätzen.

Begrüßt wurde ich von Frau Beate Detzkeit von der Einrichtungsleitung und Standortverantwortung Bremen. Für die Sitzung war das „Geburtstagszimmer“ des Hauses reserviert. Hier am Heukämpendamm gibt es 106 stationäre Pflegeplätze und 14 für die Tagespflege. Der Demenzbereich bietet 17 Plätze an, die teilgeschützt sind. Das bedeutet, dass die Bewohner aktiv im Haus und Garten unterwegs sein können, aber in Bezug auf eine „Hinlauf-Tendenz“ eine Art Uhrenarmband tragen, das ein Signal sendet, falls einer der dementen Bewohner eine Ausgangstür benutzen sollte. Dann sind die „flinken Füße“ des Personals zum Eigenschutz der Bewohner gefordert.

Wie in anderen Pflegeeinrichtungen auch üblich, bildet die Biographiearbeit das A und O, ist doch die Heimat ganz tief im Gedächtnis verankert. Ein umfangreiches Freizeitangebot steht den Bewohnern zur Verfügung wie Bingo, Kegeln und Softball, und sehr gerne wird gefeiert. Ein Wochenmarkt in unmittelbarer Nähe wird von den Bewohnern oft genutzt. Der Einkauf festigt die Selbständigkeit. Das Pflegezentrum lebt das Motto „Unser Zuhause“, denn jeder kennt im Haus jeden. Etwas Besonderes ist, dass die Bewohner nicht nur ihre Haustiere beim Einzug mitbringen können, sondern das Haus auch besonders geschulte Besuchshunde hat. Sie schenken den älteren Menschen Lebensfreude und -qualität. Durch das Spielen, Streicheln und Füttern der Tiere werden die Feinmotorik, das Sprechen und das Gedächtnis trainiert. Falls gewünscht gehen die Tiere auch mit in die Wohnung eines Bewohners.

Rollstühle

(c) frauenseiten, Robers

Examinierte Pflegekräfte stehen entsprechend dem Pflegeschlüssel zur Verfügung. Es gibt einen Betriebsrat. Eine ganzheitliche Pflege wird praktiziert nach dem Modell Monika Krohwinkel das im Bereich der Altenhilfe als das am besten geeignete gilt. Es geht von einer defizitorientierten, versorgenden Haltung in eine fähigkeitsorientierte, fördernde Prozesspflege über. Aspekte fördernder Prozesspflege sind: Sicherheit – Ganzheitlichkeit – Kongruenz – Kontinuität Unabhängigkeit und Wohlbefinden.

Wie überall erweist sich auch im Bremer Süden die Personalsuche als sehr schwierig. Das ist wahrscheinlich den wenig attraktiven Arbeitszeiten geschuldet. 365 Tage und 24 Stunden Dienst sind nicht für jeden jungen Menschen erstrebenswert. Die Pflegeberufe haben leider ein sehr schlechtes Image, obwohl es wenig Berufe gibt, die so sinnstiftend sind. Die Residenz-Gruppe ist im vergangenen Sommer einen neuen und besonderen Weg der Personalsuche gegangen, nämlich mit einer großflächigen Plakatierung im Stadtgebiet. Man sah einen an beiden Armen tätowierten Pfleger mit Ohrring und kahlem Schädel und mit dem Aufdruck: „Altenpfleger. Und Hingucker.“ Es war eine erfolgreiche Imagekampagne für das Unternehmen und ebenso für den Pflegeberuf. Junge Leute fühlten sich angesprochen.

Das Thema „Heimfürsprecher“ wird im Pflegezentrum Arsten wie folgt behandelt: Es wird jeweils eine Gruppe aus fünf Personen gewählt, und zwar aus einem Angehörigen und vier Bewohnern. Sie treffen sich einmal im Monat und laden die Heimleitung dazu ein, damit auf kurzem Wege über zu klärende Fragen verhandelt werden kann. Bei Bedarf können sich beide Seiten auch an die Bremische Wohn- und Betreuungsaufsicht (Referat Pflegefachliche Fragen in der Wohn- und Betreuungsaufsicht) im Hause der Sozialsenatorin wenden.

In diesem Pflegezentrum kann man sich über 3 Jahre zur examinierten Pflegekraft ausbilden lassen. Die Praxis wird am Heukämpendamm vermittelt, Theorie und Prüfung finden bei der Wirtschafts- u. Sozialakademie der Arbeitnehmerkammer, beim Institut für Berufs- u. Sozialpädagogik e. V. oder auch in Delmenhorst statt.

An ehrenamtlicher Unterstützung mangelt es. Hier wäre jedes Engagement willkommen. Als großes Problem wurde auch die ärztliche Versorgung dargestellt. Wenn ein Bewohner beim Einzug nicht einen Hausarzt „mitbringt“, wird es schwierig, in Obervieland eine Praxis zu finden, die einen weiteren Patienten aufnimmt. Es ist nicht selten, dass vier Wochen vergehen bis zum ersten Besuch eines Arztes. So müssen Ärzte aus dem Umland in Anspruch genommen werden, z.B. aus Kirchweyhe. Keine Schwierigkeit bedeutet es, einen Hausbesuch z.B. vom Neurologen, Augenarzt oder Zahnarzt zu bekommen. Orthopäden und Frauenärzte kommen gar nicht. Fast aussichtslos ist es, Laboruntersuchungen oder Ergo- und Physiotherapien verordnen zu lassen. Schon die Verabreichung von Paracetamol muss vom Hausarzt verordnet und im Heim dokumentiert werden. Aber was ist zu tun, wenn kein Hausarzt aufzutreiben Ist?

Elke Scharff

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