Ach, wie herrlich, ein so eitler Fratz gewesen zu sein.
Diese Mühe rund um das Aussehen, bis alles zur Zufriedenheit saß, man endlich ausging. Ich erinnere noch gut die Wut meiner fast vier Jahre jüngeren Schwester. Sie konnte oft aus dem Nichts jähzornig sein, beobachtete mich meist aus irgend einer Ecke und einmal überkam es sie, mich in die Wade zu beißen, damit drückte sie ihre Wut aus, noch keine Nylon’s haben zu dürfen. Ja, so war dann ein Strumpf hin, es liefen Maschen, die in der großen Zahl nicht aufzunehmen waren. Das gab richtig Ärger, heute lachen wir beide über diesen Wutanfall. Er hing auch damit zusammen, daß ich schon zum Kirmesball durfte, in Begleitung der Eltern natürlich, sie zu Hause bleiben mußte.
Dem ganz pingeligen Blick hielt es nicht stand
Wir wohnten damals auf dem Dorfe, fuhr jemand in die Badestadt Bad Neuenahr, gab man seine laufmaschenbehafteten Nylons mit zur Laufmaschenannahmestelle, selber holte man sie nach einigen Tagen ab und revanchierte sich durch für andere Mitbringen. Wie habe ich dieses Aufnehmen bewundert, irgendwie sah man es, mußte aber genau hinschauen. Zu oft brachte ich jedenfalls auch nicht hin, irgendwann störte es meinen damaligen pingeligen Blick.
Mein als Sekretärin verdientes Gehalt erlaubte es mir, mich ab und zu piekfein zu machen. Da stimmte dann die gesamte Garderobe farblich, dazu als I-Tüpfelchen Hut, Handschuhe und Schuhe. Und: „Möglichst noch von Laufmaschen verschonte Nylons mit oder ohne Ziernaht.
Alles mußte angespart werden, von wegen Wegwerfgesellschaft, die hätte man sich zu der Zeit nie denken können. Wertschätzung, Pflege, Achtsamkeit mit seinen guten Stücken war angesagt und eine Menge davon habe ich mir bis heute bewahrt.
Elisabeth Kriechel
Ja, Elisabeth Kriechel, noch heute putze ich meine Schuhe und bringe sie regelmäßig zum Schuster. Mal sehen, wie lange es dieses Handwerk noch gibt….