„Die Gesellschaft des langen Lebens“
Einen Blick in die Altersforschung vermittelte bei der Klausurtagung des Vorstandes der SeniorenVetretung Bremen am 18. Januar Professor Dr. Stefan Görres vom Institut für Public Health und Pflegeforschung (IPP) von der Universität Bremen mit seinem spannenden Vortrag „Themen der Altersforschung, die Gesellschaft des langen Lebens“. An dem demografischen Megatrend ´Langlebigkeit´ bestehen kaum wissenschaftliche Zweifel. Dieser Trend ist eine von mehreren gesellschaftlichen Herausforderungen der Zukunft und die politische Diskussion über den damit einhergehenden sozialen und gesellschaftlichen Wandel ist jetzt zu führen.
Diskussion
Steht in dem einen Diskussionsmodell für die zukünftige gesellschaftliche Ausrichtung im Vordergrund der Aspekt der Belastung (Probleme für die Sozialsysteme, Konflikt der Generationen, Verteilung der politischen Machtstrukturen), so sieht ein anderes Denkmodell das Zeit- und Kompetenz-Potenzial alter Menschen als positive Ressource (ehrenamtliches und bürgerschaftliches Engagement, vorhandene Lebenserfahrung). Darüber hinaus ist es eine Tatsache, dass 1,1 Millionen ältere Menschen heute noch in einem Job tätig sind. Es stellt sich die Frage, ob es dabei um harte Arbeit und notwendigen Verdienst oder um Selbstverwirklichung handelt (Minijob, Altersarmut): Innerhalb von 15 Jahren hat sich die Zahl der berufstätigen Alten in Deutschland verdoppelt. Wichtig ist auch ein weiterer, übergeordnet ethischer Diskurs: Wie soll unsere alternde Gesellschaft der Zukunft „modelliert“ werden? Welchem Menschen- und Gesellschaftsbild folgen wir dabei? Wie wollen wir zukünftig die steigende Zahl der alten Menschen am gesamt-gesellschaftlichen Leben und seinen Aufgaben teilhaben lassen? Erprobte Vorbilder bestehen hier nicht. Von großem Interesse sind die Thesen, die Professor Görres auf der Basis von Stichpunkten aus den Altersberichten der Bundesregierung und dem Engagementbericht 2016 des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend für die Verantwortung und Herausforderung der Kommunen für die verschiedenen relevanten Handlungsfelder daraus ableitet.
Fazit
Als wesentliches Fazit nennt Görres die Notwendigkeit eines Ebenenwechsels, weg von einer zentralstaatlichen Steuerung und hin zu dezentralen Lösungen im Nahbereich der alten Menschen. Es wird die Forderung erhoben, dass die unteren kommunalen Ebene, sprich Stadtteile oder Quartiere, gesteigerte Verantwortung übernehmen und mit entsprechender Legitimation ausgestattet werden muss. Die Gestaltungsfähigkeit der bestehenden kommunalen Selbstverwaltung sei entsprechend zu überdenken. Es wird für eine altersgerechte gesellschaftliche Zukunft ein neuer politischer Handlungsplan notwendig: Wohin soll die Fahrt gehen? Bremen ist in diesem Zusammenhang beim Familienministerium in Berlin aktuell vorstellig geworden und hat dort Ideen vorgestellt, auf der Basis der vorstehenden Gedanken Projekte mit Modellcharakter in Bremen auf Quartiersebene zu entwickeln, zu planen und durchzuführen. Am Anfang sollen dabei gemeinsame Überlegungen mit den Quartiersmanager*innen in Bremen stehen.
Bewertung
Die Anregungen, die der Vorstand der SeniorenVertretung aus dem Vortrag von Herrn Professor Görres ableiten konnte, die Diskussion mit den teilnehmenden Senior*innen und die feststellbare Übereinstimmung und wissenschaftliche Hinterlegung von etlichen Stichpunkten, die am Vortag der Klausur von den Teilnehmern erarbeitet wurden, machten die zweitätige Zusammenkunft zu einer inhaltlich sehr erfolgreichen runden Veranstaltung.
Dr. Dirk Mittermeier
Das heißt, dass die Aufenthaltsqualität in den Quartieren der Stadt menschengerecht gestaltet werden muss.