In der Diskussion: Soziales Jahr – freiwillig oder verpflichtend?

Mehrere rote Fragezeichen

(c) A. Robers

Soziales Jahr

Der Vorschlag eines verpflichtenden Sozialen Jahres für junge Menschen in Deutschland wird immer wieder von verschiedenen Seiten in die öffentliche Diskussion gebracht und auch von der SeniorenVertretung Bremen unterstützt. So wünscht sich unter anderem die CSU einen verpflichtenden Dienst bei der Bundeswehr oder in einer sozialen Einrichtung und nennt das ganze „Deutschland-Praktikum“. Ex-Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) ist angetan von der Idee. In der Presse wird der Vorschlag ernsthaft diskutiert.

sfd Bremen: Freiwilligkeit muss bleiben

In einer Pressemitteilung des Freiwilligendienstträgers sfd Bremen e.V. wird die Entwicklung hingegen mit Sorge betrachtet. Sfd-Geschäftsführer Andreas Rheinländer: „Das Engagement muss auf Freiwilligkeit basieren. Eine Verpflichtung ist keine Basis, um den positiven Bezug zum Gemeinwesen zu stärken. Auch die Einsatzstellen, mit denen wir kooperieren, schätzen es sehr, dass die Jugendlichen sich selbst frei entschieden haben, einen Freiwilligendienst in ihrer Einrichtung zu machen.“  Insbesondere vor dem Hintergrund der ursprünglich für das Jahr 2019 vom Familienministerium beschlossenen Ausweitung der Freiwilligendienste und der Aufstockung der Mittel wirke die Debatte gespenstisch.

Konzept von Familienministerin Giffey

Noch im Dezember 2018 hatte Familienministerin Franziska Giffey (SPD) ihr Konzept zur Gewinnung von mehr Jugendlichen für den Freiwilligendienst vorgestellt. Die zentralen Eckpunkte waren:
– Rechtsanspruch auf Förderung aller Freiwilligendienstvereinbarungen und höhere Taschengeld-Zuschüsse vom Bund
– Schaffung von 40.000 neuen Plätzen
– Verbesserung der pädagogischen Begleitung der Freiwilligen
– Aufstockung der Mittel um 65 Millionen auf 327 Millionen Euro

Ausbau abgesagt!

Ende März wurde bekannt, dass die Erhöhung der Mittel nur teilweise umgesetzt werden soll und damit auch das Konzept zum Ausbau der Freiwilligendienste ab dem Jahr 2020 wieder gestrichen werden soll. Rheinländer kommentiert: „Das Papier von Familienministerin Franziska Giffey war der richtige Schritt. Das Potenzial der Freiwilligendienste ist in Deutschland noch lange nicht ausgeschöpft. Durch Flexibilisierung und eine bessere Ausstattung wäre es möglich, genau das zu erreichen, was die Befürworter eines Pflichtdienstes mit falschen Mitteln schaffen wollen: Jugendliche nach der Schule in Kontakt mit Einrichtungen aus den Bereichen Soziales, Kultur, Sport und Ökologie zu bringen und das Engagement junger Menschen zu fördern. Nur eben auf der Basis von Freiwilligkeit.“ Er plädiert für die Wiederaufnahme des Konzepts von Franziska Giffey.

Jugendengagement muss gefördert werden

„Freiwilliges Engagement spielt in unserer Gesellschaft eine zentrale Rolle, auch wenn es oftmals nicht genügend gewürdigt wird. Man sollte zur Förderung der Jugendlichen anschließen an das, was bereits gut läuft und weiterentwickelt werden kann – unter besseren Bedingungen. Eine Politik zur Förderung von Jugendengagement wäre gut beraten, wenn sie die Streichung des Konzepts zur Erweiterung der Jugendfreiwilligendienste zurücknimmt und zeigt, dass sie die freie Entscheidung der Jugendlichen für ein Engagement wahrnimmt, unterstützt und nachhaltig fördert. An diesem Punkt muss man ansetzen.“

Dr. Dirk Mittermeier

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