Was bedeutet “Seniorenalltag” ?

Schreibende Hand

(c) Frauenseiten, Barckhausen

Ich bin eine Seniorin (70+). Ich schreibe für einen Blog  Kleine Brise aus Bremen. Ich wollte mit diesem Blog einen Einblick in mein Seniorenleben geben, doch ich stelle fest, dass ich wenig über Dinge berichte, die nur im Seniorenalltag passieren. Mein Alltag ist weiter mein Alltag, so wie er sich fügte, nachdem ich meinen sechzigsten Geburtstag gefeiert hatte: Die Kinder waren aus dem Haus und ich konnte mich neu einrichten. Aber mein Alltag zeigt nun doch gewisse Einschränkungen. Was mir beim Nachdenken über dieses Thema eingefallen ist, folgt hier:

  • Beim Fernsehen benutze ich jetzt Kopfhörer, denn die Schauspieler verstehe ich oft schlecht.
  • Das Licht im Badezimmer habe ich mit einer neuen Lampe heller werden lassen.
  • Saubermachen dauert jetzt länger als früher.
  • Alles, was gerade als “neue Mode” vorgestellt wird, habe ich bereits im Schrank oder früher schon getragen..
  • Eine schwere Erkrankung hat mir das Schicksal bis jetzt erspart. Meine Medikamente bezahlt die Kasse anstandslos
  • Meine Haare sind nicht mehr strohig, sondern leicht gewellt.
  • Im Fitnessstudio kann ich alle Geräte bedienen.
  • Gute Laune bekomme ich, wenn ich nicht zu kochen brauche, weil es genug Fertiggerichte zum Auswählen gibt.
  • Bügeln ist einfacher geworden. Schuhe putzen auch.
  • Romane lese ich nicht mehr. Ich habe keine Lust mehr, mich in fremdes Leben einzufühlen.
  • Meine Freundin ist kleiner geworden, sie schaut jetzt zu mir auf. “Du schrumpfst auch”, stellte meine Tochter darauf hin gnadenlos fest.
  • Gute Freunde sind gestorben. Sie fehlen mir. Eine Freundin, die vor ein paar Jahren das Zeitliche segnete, fehlt mir dagegen nicht. Sie hatte sich im Alter in eine Furie verwandelt.
  • Finger- und Fußnägel wachsen viel zu schnell. Manchmal gehe ich zu einer Fußpflegerin.
  • Die Enkel und Enkelinnen gehen jetzt alle in die Schule. Kein Grund mehr, dass ich mich um sie kümmern muss. Mich stimmt das nicht traurig.
  • Politik interessiert mich immer noch. Nur eins sage ich nicht mehr: “Das haben wir nach dem Krieg doch auch erlebt…Meine Gesprächspartner kontern dann meist: Ich war da noch nicht geboren…
  • Mein Gehirn arbeitet zunehmend eigenständig. Namen von Menschen, die vor mir stehen, gibt es nur zögerlich frei. Manchmal erst am nächsten Morgen.
  • Hoffentlich muss ich diese Liste nicht so bald fortsetzen.

Kleine Brise

  7 comments for “Was bedeutet “Seniorenalltag” ?

  1. Gisela sagt:

    Ach, liebe kleine Brise, Dein Bericht spricht mir ja sooo aus dem Herzen. Jeden, wirklich jeden Punkt kann ich unterstreichen. Danke für diese Aufzählung.
    Aber: ist unser Leben in unserem Alter nicht doch auch schön? Ich jedenfals lächele aus diesem Grund oft vor mich hin! So kann frau sich ihr Leben auch bunter machen: über Defizite lachen.
    Gisela

    • Waltraut Boschen sagt:

      Hallo , Gisela , Dein Kommentar ist vom Februar 2016 , und ich lese ihn auch erst jetzt .
      Vor sechs Jahren war das Thema “ Krieg “ noch weit weg , zu weit , um sich täglich damit zu beschäftigen .Das Alter hat auch schöne Zeiten , wie Henning Scherf in seinem Buch “ Grau ist Bunt “ , uns sagen will : Man kann so viel tun , um nicht zu vereinsamen , und dennoch überkommt sie uns im Alter – die Einsamkeit .
      Was machst Du heute , geht es Dir noch gut , bist Du noch einigermaßen fit ?, Das hoffe ich doch , denn wenn wir begreifen , dass das Leben eigentlich auch ein Geschenk sein kann , mit dem man freudig und bewusst umgehen sollte , kann uns dann das Lächeln auch ein zusätzlicher Trost sein .Also lächeln wir , auch wenn uns manchmal zum Weinen ist .
      Und schreib mal , wie es Dir heute geht . Mit freundlichem Gruß Waltraut

  2. Dorothee sagt:

    Ja, Gisela, es hat mir auch Vergnügen bereitet, diese Aufstellung aufzuschreiben.
    Kleine Brise

  3. Ellen sagt:

    Hallo kleine Brise, dein Artikel gefällt mir.
    Bei mir ist manches anders:
    Ich koche sehr gern und würde nie ein Fertiggericht essen (solange ich noch fit bin)
    Ich lese seit ich „in Rente“ bin mehr als zu Arbeitszeiten, auch Romane.
    Sonst kann ich einiges unterschreiben:
    Ich habe auch das Glück, dass ich fit bin (kleine Blessuren zählen nicht)
    Und die Einschläge kommen immer näher: Drei Freundinnen waren/sind im Krankenhaus. Und meine letzte Trauerfeier war vor einem Monat.
    Ich bin glücklich, dass es mir so gut geht. Aber zuweilen finde ich es richtig anstrengend alt zu sein. Alt sein ist richtig Arbeit!!
    Herzliche Grüße an alle alten Leserinnen und Leser.
    Von einer Sechsundsiebzigjährigen!!

  4. Verena sagt:

    Vielen Dank für den Einblick in den Alltag einer Seniorin! In der letzten Zeit beschäftige ich mich häufiger mit der Frage, wie ich eines Tages meinen Alltag verbringen möchte, wenn ich mich im Rentenalter befinde. Vielleicht werde ich die Zeit finden, so viel zu lesen, wie ich eigentlich gerne würde. Was ich jedoch weiß, ist, dass ich zwar in meinem eigenen Haus weiter wohnen, aber auch nicht allein gelassen werden möchte, wenn ich bei einer Angelegenheit Hilfe von einer körperlich fitten Person benötige. Wie gut, dass Pflegekräfte auch Hausbesuche abstatten.

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