MITMenschen: Helmut Kasten, Jahrgang 1927

In der Reihe MITmenschen berichtet Elfie Siegel über den Gröpelinger Lokalpolitiker Helmut Kasten.

Lokalpolitiker Männerportrait

Helmut Kasten (c) Elfie Siegel

„Ja, ich war Lehrer!“ Mit einem listigen Lächeln sagt er dies, wenn er mal wieder mehr redet als er wollte. So ist es auch bei unserem Treffen in seinem Gröpelinger Haus. Ich habe noch nicht meinen Block und Stift bereit, als er anfängt aus 60 Jahren Lokalpolitik zu erzählen.

Aber vorher noch einige Sätze zu seiner persönlichen Geschichte: Er ist Bremer Urgestein, aufgewachsen im Steintor-Viertel. „Weittreiben“ mit dem Ball war eines der Straßenspiele, bei dem er als Junge in der Schmidtstraße mit rannte. Die Wohnung in der Hollerstraße wurde durch Bombenangriffe zerstört. Die Familie zog nach Gröpelingen in das 1906 von einem Onkel gebaute Haus, in dem Helmut Kasten noch heute mit seiner Frau lebt.
Wir tauchen hinab in die Gröpelinger Lokalgeschichte:

Das Rangierbahnhofsgelände

Mann auf einem Sofa

Helmut Kasten (c) Elfie Siegel

Dort waren in den Jahrzehnten nach dem Krieg mehr Beschäftigte als auf der AG Weser. Als immer weniger Dampfloks fuhren, wurde dieser Bahnhof nach und nach eingestellt. Ein riesiges Gelände wurde Brache. Doch in seiner Blütezeit mussten Heizer, Lokführer, Zugführer und Schaffner in Gröpelingen übernachten. Währenddessen wurden die Lokomotiven entschlackt und die Züge neu zusammengestellt. Das Gelände hatte eine enorme Bedeutung für den Stadtteil. Es wurde viel Geld verdient. Der Breitenbachhof war eine Eisenbahnersiedlung mit Kolonialwarenläden, Schlachtern und Bäckern. Hierzu hat Helmut Kasten als Mitglied der Stadtteilgeschichtsgruppe Fotos gesammelt und Leute angehört. Dass heute dort nichts mehr stattfindet, das gefällt ihm gar nicht. „Es ist kontaminiertes Gelände. Eigentlich könnte es nur eine Grünanlage werden. Aber Bäume zahlen keine Steuern. Vielleicht sollte es die Bahn wieder nutzen,“ überlegt er laut.

Beispiel Getreideanlage

Überhaupt findet er es am besten, wenn Altes wieder dazu genutzt wird wofür es gebaut wurde. Bei der Getreideanlage ist es gelungen. Das Gebäude steht heute unter Denkmalsschutz. Es gab Pläne es abzureißen für den Fall, dass der Space Park Platz gebraucht hätte. „Ist ja jetzt vom Tisch,“ sagt er lakonisch. Aber die Eisenbahnverbindung wurde gekappt. Auf die Schienen hat man ein Maschinenhaus gesetzt. Helmut Kasten unterstützt die Firma Dieter Wandel & Co. „wieder einen Bahnanschluss hinzukriegen“, wie er sagt. Jetzt geht das Biogetreide an Bremen vorbei nach Brake. Das ärgert ihn, aber nicht zu stark. Denn er muss mit vielen Unsinnigkeiten der etablierten Politik leben.
Machen wir lieber weiter mit dem was Helmut Kasten erreichte.

Beispiel Waterfront

Mann mit Zeitung

Helmut Kasten (c) Elfie Siegel

Hier bemüht er sich zunächst um Diplomatie: „Eigentlich ist es nicht schlecht gemacht. Man sollte es nicht kaputt quatschen. Einige Geschäfte sind gut…… Aber es war beim Space Park schon eine Schnapsidee Einkaufen und Belustigung miteinander zu verbinden. Tivoli Kopenhagen kriegen wir hier nicht hin…..Aber dass der Fähranleger wieder eingerichtet wurde, da habe ich mitgewirkt!“ Schiffe Richtung Bremerhaven können dort festmachen. Und es gibt jetzt eine Verbindung zum „Lankenauer Höft“ und auch zu anderen Lokalen weserabwärts. Wichtig ist ihm, dass keine Steuergelder mehr versenkt werden.

Die tägliche Arbeit im Stadtteil

Das ist längst nicht alles, wofür sich Helmut Kasten einsetzt oder eingesetzt hat. Als Seniorenvertreter im Beirat liegen ihm lokale Einkaufsmöglichkeiten am Herzen. Wenn Ältere in seiner Umgebung jammern, dass der Laden von gegenüber nicht mehr existiert, dann wird er auch mal moralisch: „Und früher seid ihr mit dem Auto auf die grüne Wiese gefahren und habt dort eingekauft!“
Außerdem gestaltet er Lokalpolitik im Altenpolitischen Arbeitskreis der Grünen und in der Gröpelinger Stadtteilgruppe der Grünen. Er freut sich, dass es ihm gut geht und dass er gesund ist. „Ich will der Gesellschaft was zurückgeben. Denn andere Leute arbeiten für meine Altersbezüge.“ So sieht er das. Das soll ich unbedingt noch notieren.

Das Thema Auto

Lokalpolitiker Mann im Gespräch

Helmut Kasten (c) Elfie Siegel

Er hatte nie eins. „War für mich uninteressant,“ sagt er kategorisch. Er hat extra keinen Führerschein gemacht. „Damit hatte ich eine Sperre für mich selbst eingebaut.“ Die Euphorie, dass jeder Privatmann unbedingt ein Auto haben musste, hat er nie verstanden. Er hatte schon früh den Eindruck „das geht schief, durch den Lärm und die Abgase machen wir die Städte kaputt.“
Für ihn ist die Straße der wichtigste Spielplatz oder sollte es zumindest sein…. wie damals als er mit den Nachbarskindern durchs Steintor raste.

Elfie Siegel

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