Afghanistan – ein Binnenland im Mittelasien als Schnittpunkt der drei geographischen Zonen (Zentralasien, indischer
Subkontinent und Vorderasien) war und ist immer noch von wichtiger strategischer Bedeutung für die großen Eroberer
in der Vergangenheit und heute. Diese besondere Lage verlieh Afghanistan einen Pufferstaat-Charakter. Über viele
Pässe dieses Landes wurde nicht nur der Buddhismus nach Zentralasien und China und der Islam nach Indien ver-
pflanzt, sondern sie bildeten die wichtigsten Handelswege Asien und Vorderasien nach Indien und China. Der bedeu-
tendste Ast der sagenumworbenen Seidenstraße führte durch Bekra in Nordafghanistan; die heutige historische
Stadt Balkh in der Provinz Balkh mit der Hauptstadt Mazare Scharif. Im 13. Jahrhundert zog der italienische Abenteu-
rer Marco Polo auf seinem Weg nach China durch jene Gebiete.
Als Alexander der Große im Jahr 336.v. Chr. den Thron bestieg, stand fest, in welcher Richtung er nach Ruhm streben
würde. Nach der Eroberung des persischen Reiches, drang er in das Gebiet des heutigen Afghanistans vor und grün-
dete auf seiner Marschroute zahlreiche Städte, die ihm und seiner Truppen als Verteidigungsposten dienten und nach
ihm benannt worden sind: Herat, Kandahar und Bagram, die später nach der Zwangsislamisierung durch die Araber im
7. Jahrhundert wichtige Kulturzentren des Islam wurden.
- 1747 gründete Ahmad Shah Durani in der heutigen Provinz Kandahar als Hauptstadt den Staat Afghanistan und
wurde durch Beschluss einer traditionellen Loya Djirga zum König ernannt. - 1773-1793 regierte sein Sohn Timur Shah und Kabul wurde die Hauptstadt.
- Zwischen 1838- 1842 der erste britisch- afghanischer Krieg. In diesem Krieg wurden 4.500 britische Soldaten
und ca. 12.000 Gepäcksträger und Angehörige ihrer Söldnerarmee durch die afghanischen Krieger umgebracht.
Der einzige Überlebende war Dr. Briden, der sich halb tot habe retten können. - 1878-1880 der zweite britisch- afghanischer Krieg.
- 1893 legten die Briten durch Drohung und Aggression den willkürlichen Grenzverlauf zwischen Afghanistan und
der britischen Kolonie Indien bekannt als „Durandlinie“ fest, die bis heute die paschtunischen Stämmen auf
beiden Seiten der nicht anerkannten Grenze voneinander trennen und seitdem zu Konflikten zwischen
Afghanistan und Pakistan führt. - 1915-1916 schickte der deutsche Kaiser eine Delegation zu dem damaligen Emir Habibullah nach Afghanistan
und versuchte Afghanistan im Verlauf des ersten Weltkrieges zum „Heiligen Krieg“ gegen die britische Kolonial-
herren in Indien anzustiften. - 1919 proklamierte Afghanistan nach dem dritten siegreichen Krieg gegen den britischen Imperialismus die volle
staatliche Unabhängigkeit. König Amanullah brachte eine Reihe von Reformen auf dem Weg. Die Briten, die
sich mit ihrer Niederlage im dritten Krieg nicht abgefunden haben, unterstützten mit allen erdenklichen Mitteln
die Mullahs und die Gegner der Reformen. - 1929 verließ König Amanullah das Land und ging nach Italien ins Exil.
- Januar-Oktober 1929 regierte Habibullah Kalakani, bekannt als „Sohn des Wasserträgers“. Er führte die islami-
sche Scharia als Gesetz im ganzen Land ein und ließ die Schulen und Bildungseinrichtungen schließen. Nach
neun Monaten Chaos und Anarchie wurde er von General Mohammad Nader gestürzt, der als König bis 1933
das Land regierte. - 1933 wurde sein 16-jähriger Sohn zum König ernannt und Afghanistan wurde eine konstitutionelle Monarchie.
- Im Jahr 1965, als die ersten Hippies Afghanistan entdeckten, befand sich das Land immer noch zum Teil in
mittelalterlichen Verhältnissen. Zahlreiche jugendliche Abenteurer aus der ganzen Welt kamen über Nepal und
Indien nach Afghanistan und verbrachten ein paar Tage im Rausch und verließen das Land über den Iran
wieder nach Europa und in andere Kontinente. - 1965 demonstrierten Kabuler Schüler und Studenten vor dem Parlament gegen die Gesetze der Hochschulen,
und die Stimmen für die Modernisierung des Landes und Besserung der sozialen Verhältnisse wurden lauter.
Bei den Zusammenstößen mit der Polizei kamen drei Studenten ums Leben. In den darauffolgenden Jahren
brach im Land ein Konflikt aus, der bis heute andauert; der in seinem Verlauf immer weiter eskalierte; sich im
Jahr 1979 zu einem Bürgerkrieg mit internationaler Dimension entwickelte und nicht nur für die afghanische
Gesellschaft zur Katastrophe wurde. Während der siebziger geriet das Land in den Sog des Ost-West-Kon-
fliktes, verband sich mit regionalen Konflikten und wurde nach 2001 zur Kampfarena gegen den Terrorismus,
für Interessenten an den Rohstoffen Zentral-Asiens und für Regierungen der Nachbarländer um die Vorherr-
schaft in der Region. - 1973 putschte Mohammad Daud, Cousin und Schwager des Königs Mohammad Zahir und proklamiert die erste
Republik. - 1978 wurde Daud durch einen Militäraufstand gestürzt und die DVPA bildete eine linke Regierung, die von der
Sowjetunion unterstützt wurde. Die Regierung versuchte die Versäumnisse der vergangenen Regierungen so
schnell wie möglich zu beheben und leitete eine Reihe von Reformen, wie die Bodenreform, die Alphabetisie-
rungsreform, die Reform zur Stärkung der Rechte der Frauen usw. ein, die anfangs von großen Teilen der Be-
völkerung angenommen und unterstützt wurden. Aber leider waren diese Reformen dem afghanischen Volk nicht
vergönnt. Gleich in den ersten Tagen der Regierungsbildung mischten sich die USA und einige NATO-Mitglieder
sowie China und die Golfstaaten, die sich dem Druck der USA nicht entziehen konnten, in die inneren Angele-
genheiten Afghanistan ein und unterstützten mit allen erdenklichen Mittel die reaktionären Kräfte, die Gegner
der Reformen waren und direkt an der Grenze zu Afghanistan und in weiteren Teilen Pakistan ihre Militärbasen
errichtet hatten. - Im Dezember 1979 entsandte die Sowjetunion auf Bitte der damaligen afghanischen Regierung und gemäß dem
Artikel 5 des Freundschaftsvertrages zwischen der demokratischen Republik Afghanistan und der Sowjetunion
Truppen nach Afghanistan. In den Jahren bis zum Abschluss des Vertrages über den Rückzug der Truppen der
Roten Armee aus Afghanistan im Jahr 1988 kamen ca. zwei Millionen Menschen ums Leben und bis zu fünf
Millionen Menschen flüchteten nach Pakistan und in den Iran. - 1992 übernahmen die von den Westen unterstützten „Mudjahedin“ die Macht in Afghanistan und sie weigerten
sich unter dem Druck der USA und trotz der vorhandenen Möglichkeiten die Bildung einer Regierung der natio-
nalen Einheit auf Grundlage der nationalen Versöhnung, die dem Wunsch aller Afghanen entsprach. Die be-
waffneten Gruppen bekämpften sich gegenseitig, jede Gruppe wollte mehr Einfluss in der Regierung und mehr
Einflussnahme auf die Geschäfte mit dem Anbau und Verkauf von Opium und Heroin. Der Bürgerkrieg vernich-
tete alle Errungenschaften der vorherigen Regierung und stürzten das Land ins Chaos. - 1996 besiegten die Taliban die zerstrittenen „Mudjahedin“ und übernahmen die Macht. Die Taliban versprachen
für Ordnung und Frieden zu sorgen, gegen den Anbau des Opiums vorzugehen und die Verlegung einer Pipe-
line durch das Territorium Afghanistans Richtung Pakistan zu realisieren. Aber schnell war das Versprechen
nach einem Jahr vergessen und stattdessen nahmen die Taliban die Drogengeschäfte selbst in die Hand, seit-
dem gehört Afghanistan ununterbrochen zum größten Produzenten des Opiums der Welt. Die Taliban ließen
das Land zum Stützpunkt des internationalen Terrorismus aufbauen. Der Anführer der Al-Kaida, Bin-Laden ließ
sich mit seinen Kämpfern in Afghanistan nieder und rekrutierte zehntausende „Djihadisten“ und Söldner aus
vielen islamischen Länder nach Afghanistan. Aus Angst vor Anschlägen erlaubte Saudi-Arabien den USA, ihre
Truppen dort zu stationieren. Bin-Laden, inzwischen abgewandt vom CIA, sah für sich die Chance und erklärte
zuerst mit zwei Autobomben in US-Botschaften in Daressalam und Nairobi und danach mit den Attentaten am
11.September 2001 den Heiligen Krieg gegen die USA.
Den 11. September 2001 nahmen die USA als Anlass und am 07. Oktober 2001 gab der ehemalige Präsident
der USA, G.W. Bush den Befehl für den Angriff auf Afghanistan. Es steht nachweislich fest, dass weder
Afghanen noch die Taliban an der Vorbereitung und Durchführung terroristischen Anschläge am 11. September
beteiligt waren. Nach dem Doha-Abkommen zwischen den Taliban und den USA musste die US-Armee bis Mai
2021 das Land verlassen.
Als dann die USA begannen ihre Truppen abzuziehen, ohne ihre Partner darüber informiert zu haben, began-
nen die in Afghanistan verblieben verbündeten Länder ebenfalls ihre Truppen abzuziehen, darunter auch die
BRD, die kurz davor die Verlängerung des Verbleibs der Bundeswehr für ein weiteres Jahr beschlossen hatte.
Das Fazit: 20 Jahre Krieg und der Verlust von hunderttausend Menschenleben und am Ende die Herrschaft der
Taliban als „Geschenk“ der USA und ihrer Verbündeten an das afghanische Volk. In der jetzigen Situation sind
die Taliban weder in Lage das Land zu regieren noch fühlen sie sich verantwortlich das Volk zu schützen. Sie
sagen, dass all das, was geschieht von Gott bestimmt sei, und sie nicht verpflichtet seien für das Wohl des
Volkes zu sorgen. Im Klartext heißt dies, während ca. 40 Millionen Menschen ohne jeglichen Schutz den
Taliban ausgeliefert sind, sprechen die für diese Misere verantwortlichen Politiker nur ihr Bedauern aus.
Zaher Habib