Liebe Seniorin, lieber Senior,
nun hält die Coronakrise bereits seit vielen Wochen an. Seit Wochen sind die Schulen geschlossen, die Konzerthäuser, die Friseursalons und vor allem sind wir alle aufgefordert körperlich Abstand zu wahren. Abstand ist derzeit die höchste Form von Fürsorge. Das aber fühlt sich häufig traurig und bisweilen sogar einsam an. Ich stelle mir vor, dass Sie sich nach Ihren Angehörigen sehnen, danach ihre Kinder und Enkel nicht nur am Telefon zu hören oder auf dem Bildschirm zu sehen – sondern ganz plastisch von Angesicht zu Angesicht und vor allem dass sie sich danach sehnen, sich gegenseitig zu berühren, sich in den Arm zu nehmen, die Hand zu reichen. Oder vielleicht sehnen Sie sich nach dem Kaffeeschnack mit Ihrer Nachbarin oder dem Besuch eines Konzerts, dem gemeinsamen Abend beim Kartenspiel.
Danke!
Ich frage mich, wie wir auf diese Zeit zurückblicken werden. Werden wir uns daran erinnern, wie wohl eine Stimme am Telefon tat? Wie wohltuend es war, dass Menschen ernsthaft anteilnehmend wissen wollten, wie es uns geht? Wie schön es war, als der Frühling trotz allem durchbrach, die Sonne die Haut wärmte und die Obstbäume, wie über Nacht, in Blüte standen? Wie bemerkenswert es war, dass überall auf der Welt Menschen bereit waren, ihre persönlichen Interessen zurück zu stellen, um sich gegenseitig zu schützen? Dass Junge ganz selbstverständlich für Alte da waren, dass die Nachbarschaftshilfe quicklebendig funktionierte? Und auch, dass Politikerinnen und Politiker aller demokratischer Parteien Seit an Seit tagtäglich nach dem besten Umgang mit dieser schweren Krise suchen und gemeinsam ganz schön viel auf die Beine stellen? Ich meine, dass uns emotionale Großzügigkeit, Dankbarkeit und Solidarität durch diese Krise helfen werden. Großzügigkeit im Umgang miteinander, ein freundliches Wort, ein extra Lächeln, ein handgeschriebener Brief und wenn es mal angespannt ist, nicht jedes Wort auf die Goldwaage zu legen. Dankbarkeit, für sozialen Zusammenhalt und Nähe trotz körperlicher Distanz. Meine Großmutter, die vor einigen Jahren im gesegneten Alter von 100 Jahren gestorben ist, hat mir vieles mit auf den Weg gegeben, auch diesen Satz. “Kirsten” – so hat sie immer gesagt “Kirsten, du sollst das Danken nicht vergessen.” Und damit meinte sie das Danken für jeden neuen Tag, die Dankbarkeit für das, was uns gegeben ist, statt auf das zu gucken, was fehlt. Mich begleitet dieser Satz immer und hilft mir. Ich bin auch sehr dankbar dafür, dass Sie sich, dass sich die Bremerinnen und Bremer, an die Abstandsregeln halten. So helfen wir uns alle gegenseitig, täglich – danke!
praktische Solidarität
So leben wir praktische Solidarität. Wir halten einander im Blick, auch die, denen es schlechter geht, die gerade mehr Hilfe und Unterstützung benötigen als andere. Ich wünsche Ihnen von ganzem Herzen, dass Sie diese schwere Zeit gesund überstehen und jeden Tag in einem Lächeln, einem Sonnenstrahl, einer Blüte, einem leckeren Stück Kuchen, einer Stimme am Telefon etwas Hoffnung und Trost finden. Und vielleicht blicken wir schon bald miteinander auf diese besondere Zeit zurück und wissen, gemeinsam mit Solidarität, Dankbarkeit und Großzügigkeit haben wir diese Krise durchgestanden und wir konnten uns dieses neue Miteinander bis heute bewahren. Das wäre doch schön.
Mit den besten Wünschen für Ihre Gesundheit an Körper und Seele,
herzlich Ihre
Dr. Kirsten Kappert-Gonther
(Bremer Bundestagsabgeordnete von Bündnis 90/Die Grünen und Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie)
„Bremer Mutmacher“ ist eine Aktion der SeniorenVertretung in der Stadtgemeinde Bremen zusammen mit Stadtportal Bremen
Bisher bei „Bremer Mutmacher“ (mit einem Klick):
Ja, Kirsten, Großzügigkeit steht uns Alten überhaupt gut.