Blick auf die Migranten in den Quartieren
„Die Spaltung der Stadt Bremen“, so hieß das Referat von René Böhme (Universität Bremen), in dem er seinen Blick auf Ungleichheiten in den Stadtteilen, auf dortige Armut, Einkommen, Sozialleistungen, Bildung, Gesundheit und politische Teilhabe richtete. Aber, wie verhält es sich mit dem Migrationsstatus in den Stadtteilen? Welche grossen und tiefen Spaltungen gibt es? In welchen Stadtteilen herrscht besonders viel Armut? Wie viele Migranten/Migrantinnen sind von Armut betroffen und auf Sozialleistungen angewiesen?
Stadtteile Bevölk.(2013-2018) Migranten(2013-2018) Migr.Qu(2013-2018) Einkommen
Stadt Bremen 548.547- 569.352 162.319 -212.562 29,6% – 37,3%
Oberneuland 12.867 – 13.458 2.294 – 3.162 17,8% – 234% 75.025
Horn-Lehe 15.444 – 26.419 5.848 – 7.893 37,8% – 29,8% 54.600
Schwhausen. 38.185 – 39.161 6.349 – 8.443 16,6% – 21,5% 53.100
Gröpelingen 35.565 – 37.597 15.631 – 20.945 43,9% – 55,7% 17.611
Osterholz 27.420 – 37.754 17.661 – 20.419 64,4% – 54,0 % 24.500
Vahr 26.667 – 27.168 12.223 – 14.475 45,8% – 53,2% 22.400
Sozialleistungen 2013 Sozialleistungen 2018
Bevölkerung Migr. <15 J. >50 J. Bevölkerung Migr. <15 J. >55 J.
Stadt Bremen 51.501 20.885 11.232 13.309 78.468 35.240 23.204 8.538
Oberneuland 219 56 28 69 458 229 141 51
Horn-Lehe 1.227 236 185 242 1.236 363 315 166
Schwachhausen 1.026 242 157 304 1.446 630 353 157
Gröpelingen 5.881 3.730 1.546 1.513 11.278 5.543 3.264 1.050
Osterhoz 4.485 2.258 1.276 1.156 6.666 2.803 2.099 690
Vahr 3.400 1.438 808 1.008 5.039 2.077 1.551 566
Armut ist vor allem ein Problem von Migranten, aber sie leiden ebenso unter Arbeitslosigkeit, geringen Renten, sind Alleinerziehende und – ihre Kinder leiden mit.
(Quellen:Statistische Landesamt Bremen 31.12.2013, 31.12.2018, Bundesagentur für Arbeit 31.12. 2018)
Grohn – Grohner Düne
Im zweiten Teil der Konferenz hatten Teilnehmer*innen in Gruppen 17 Quartiere Bremens besucht. Eine Gruppe war in Grohn, Themen dort waren die Verminderung von Armutsfolgen für Kinder und die Förderung der Gesundheit. Grohn und die Grohner Düne sind ein Ortsteil des Stadtteils Vegesack. Seit 2005 ist der gesamte Ortsteil Grohn Projektgebiet der Sozialen Stadtentwicklungsprogramme „Wohnen in Nachbarschaften“ (WIN). Grohn hat insgesamt 6.274 Einwohner, davon leben ca. 2.000 im Gebäudekomplex Grohner Düne. Die Bevölkerung mit Migrationshintergrund in Grohn beträgt 54,9%, im Alter unter 18 Jahren sind 78,6%. Die Baublockebene Grohner Düne ist in den letzten Jahren Einwanderungsort für Zuwanderer aus den arabischsprechenden Ländern, Afrika und Kosova geworden. Große Düne 86,9%, kleine Düne 95,4%. Der Anteil der unter 18jährigen beträgt auf der großen Düne 92,3%, auf der kleinen Düne 99%. Die Bedarfsgemeinschaften auf der Grohner Düne umfassen ca. 65% (SGBII). Die Leistungsberechtigten (SGBII) unter 15 Jahren erreichen dort 82-88%. (Quelle: Angaben von Quartiersmanager-Tabellen Kleinraum-baublok-5752. Vegesack 2018)
Förderung
Nach einem kleinen Rundgang mit dem Quartiersmanager Christian Ganske und einigen Gesprächen mit Bewohner*innen und Akteur*innen des Quartiers wurde über die Situation vor Ort, über neue Herausforderungen, Bedürfnisse und Perspektiven diskutiert. Es gibt Unterstützung durch verschiedene auf Integration und nachbarschaftliche Zusammenarbeit ausgerichtete Förderprogramme, z.B. für Gesundheitsfachkräfte an Bremer Grundschulen. Insgesamt setzen 12 Grundschulen in Bremen und Bremerhaven seit Beginn des Schuljahres 2018/2019 sieben „Fachkräfte für Prävention und Gesundheitsförderung“ ein. Es handelt sich zunächst um ein 3jähriges Modellprojekt, gefördert von der Senatorin für Gesundheit, Frauen und Verbraucherschutz und den gesetzlichen Krankenkassen im Land Bremen. Dazu gehören auch Projekte für die Unterrichtsgestaltung, für Elternarbeit und für die individuelle Beratung von Eltern und Schülerinnen. Das WIN-Projekt befasst sich in Grohn mit der Verbesserung der Lebensqualität von Kindern und deren Familien, mit der Vermeidung von Gewalt, mit gesunder Ernährung, mit der Interkulturrealität, mit Sprachentwicklung, mit der Orientierung im staatlichen System und mit Bildungsfragen. Die Grohner Düne bietet auch die Möglichkeiten für Bewohner*innen: Eine Bewohnerin, die vor fünf Jahren von Syrien nach Deutschland gekommen ist und inzwischen Deutsch gelernt und Arbeit gefunden hat, erzählte, dass die Bewohner*innen auf der Grohner Düne zufrieden sind und friedlich miteinander leben. Sie wünschen sich aber bei Gesprächen mit Deutschen mehr „Augenhöhe“. Vorurteile seien zurückgegangen und auch die Kriminalität habe in zwei Jahren um 80% abgenommen.
Zeynep Sümer