… einmal auf andere Gedanken kommen

Wir von damals

Wir von damals waren Kinder,

manchmal durchaus Besenbinder,

recht gewitzt und auch nicht dumm,

haute uns so schnell nichts um.

 

Möhren aßen wir mit Dreck,

Schuhe putzten wir mit Speck,

Pfeil und Bogen selbst gebaut,

aus dem Garten Obst geklaut.

 

Blaue Flecken an den Beinen,

nicht nur prügeln – auch vereinen.

Lag der Ball in Nachbars Garten,

mussten wir oft Stunden warten.

 

Säge, Zange, Nägel, Hammer,

Bretter aus der Abstellkammer,

sorgten nie für Langeweile

und für Spaß in Windeseile.

 

Seifenkisten war der Renner,

Fussballstars die Supermänner,

Buden hoch im Baum gebaut,

ständig abgeschürfte Haut.

 

Mit dem Fahrrad langgelegt,

schmerzhaft in die Hand gesägt.

Barfuss über heiße Strassen,

rumgejammert wurd’ in Maßen.

 

Liebe Kinder, seid mal ehrlich:

Lebten wir nicht auch gefährlich?

Dennoch ist das eine klar –

unsre Zeit war wunderbar!

Norbert  van Tiggelen

(c)Monika Sattelberg

Was in Erinnerung bleibt

Als ich das Gedicht gelesen habe, dachte ich an meine Kindheit zurück. Nun, ich war als Kind kein Draufgänger, eher vorsichtig. Umso mehr habe ich aber die Anderen angefeuert! Ich wohnte damals am Rand von Berlin in einem Haus mit einem sehr grossen Garten mit vielen Obstbäumen und Obststräuchern. Bin aufgewachsen mit Hühnern und Kaninchen. Zu der damaligen Zeit hatte sich jeder von dem ernährt, was im Garten stand oder wuchs, wenn man dann einen hatte. Aber in unserem Ort war das so. Wir waren versorgt mit Obst und Gemüse wie Spinat, Möhren, Äpfel, Birnen, Kirschen und mehr. Auch mit Eiern und zu Festtagen musste auch mal ein  Huhn oder Kaninchen dran glauben. Viele Menschen hatten nach dem Krieg wenig zu essen, insbesondere die in der Stadt. Da waren wir im Dorf besser dran. Die Kinder und Jugendlichen in der jetzigen Zeit können sich das wahrscheinlich schwer vorstellen. Viele kennen nur die Supermärkte, wo es fast alles zu kaufen gibt, in Hülle und Fülle, was leider auch oft genug weggeworfen wird, in Hülle und Fülle.

Spielplätze unserer Kindheit

Erinnern wir uns: Wälder und Wiesen, Strassen oder Hinterhöfe, das waren nach dem Krieg die Plätze zum Spielen, fast nur im Freien. Die Wege waren kaum befahren. Beim sommerlichen Gewitterregen verwandelte sich unsere Strasse vor dem Haus in einen reißenden Bach. Dann liefen wir barfuss durch das Wasser und ließen Papierschiffchen schwimmen. Wir Mädchen liebten das Spiel mit Puppen “Vater, Mutter, Kind”oder “Erste Hilfe”. Aber auch “Hopse” oder “Klatschball” an den Hauswänden, ist Ihnen, den älteren Mädchen, bestimmt bekannt. In unserem Garten stand eine Gartenlaube. Das war mein Rückzugsort. Hier verwandelte ich mich mit Haarbändern und Blumenkränzen gern in eine Prinzessin.

Helden unserer Kindheit

“Tri-Tra-Trullala, Kasperle ist wieder da!” Wo auch immer dieser Ruf erschallte, auf der Bühne bei Kinderfesten oder im Wohnzimmer zu Hause, er zog uns in seinen Bann. Dem Kasperle, der Gefahren und Kämpfe zu bestehen hatte, fühlten wir uns wie keinem Anderen verbunden. Wir litten mit ihm, schrien aus vollem Hals, wenn er in Gefahr geriet. Kein Lehrer, auch nicht die Eltern hatten ähnlichen Einfluss auf unseren Umgang mit Ängsten und Mut. Er war durch die verzaubernde Umgebung des Puppentheaters lebendig, das Maß aller dramatischer Kunsterfahrung, denen wir später erst begegnen sollten.

(c)Monika Sattelberg

Vom Sommer und Winter

“Pack die Badehose ein” – den Hit der Badesaison trällerte damals die Berliner Göre Conny Froboess, heute übrigens bekannt als eine grossartige Schauspielerin. Dieses Lied wurde zur Kinderarie und man hörte es von Berlin bis zum Bodensee. Vielleicht erinnern sie sich? Es war ein heisser Sommer, das Jahr weiß ich nicht mehr so genau. Aber ich hab noch den Badespass und das Getümmel auf den Liegewiesen am Berliner Wannsee sowie auch den ersten Sonnenbrand im Kopf. Die selige Müdigkeit auf dem Nachhauseweg. So wie die Sommer in unserer Erinnerung früher sonnig und heiss waren, waren die Winter kalt mit viel Schnee. Wenn Ende November die ersten Flocken fielen, holten wir unseren Schlitten aus dem Keller. Jeder Hügel wurde dann zur Schlittenbahn. Mit Kreativität einen Schneemann bauen! Ich wünschte den Kindern von heute, dies erleben zu können. Viele der Jüngsten unter ihnen, haben Schnee noch nie gesehen bzw. gespürt. Das finde ich sehr schade. Aber es ist nicht zu ändern.

Ich könnte noch viel mehr aus meinen Erinnerungen aufschreiben, genau wie Sie. Ein Buch könnte es werden: “Oma, erzähl mal” oder “Opa, erzähl mal”.

Damit unsere Nachkommen später nicht sagen können: Ich hatte  noch so viele Fragen… Diese bittere Erfahrung habe ich machen müssen.

Mach ich – jetzt!

Angesichts der momentanen weltweiten Coronakrise , die uns mehr als die Freiheit raubt, könnte es für uns eine Chance sein, über Dinge nachzudenken und Dinge zu tun, die wir bisher vor uns hergeschoben haben. Ergreifen wir also die Chance und machen das Beste daraus. So wie wir damals erwartungsvoll in die Zukunft blickten, tun wir es jetzt wieder. Nur unter einem anderen Vorzeichen. Alles was wir jetzt brauchen sind Hoffnung und Kraft. Die Hoffnung, dass alles besser wird und die Kraft, bis dahin durchzuhalten. Kommen wir, Sie und ich gut durch diese Zeit.

Monika Sattelberg

  2 comments for “… einmal auf andere Gedanken kommen

  1. Eine 85 jährige sagt:

    Sehr schön das erinnert mich an meine Kindheit

  2. Eine 87 jährige sagt:

    Das erinnert mich an meine Kindheit Dankeschön

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