Geschichte zum Weihnachtsfest, Teil 4

von Elisabeth Kriechel

(c)Elisabeth Kriechel

Wie ein Lauffeuer verbreitete sich die Aussicht auf eine Tasse guten Bohnenkaffees, wenn nicht geschenkt, dann getauscht. Unser Brasiliengeschenk sprach sich herum. Ein Kaffeelot musste her und eine Frau im Lager besorgte wirklich dieses Maß. Es sollte auch geteilt werden, zuviel Brennmaterial ging für das Rösten drauf und dann eben das bevorstehende Weihnachtsfest, geteilte Freude – doppelte Freude!!! Ein Erlebnis für sich wurde nun die erste Probetasse. Eine Portion Kaffeebohnen war tief braun, gemahlen, kam in den einzigen kleinen Topf, wurde mit kochendem Wasser aus einem zerbeulten zweiten Pott übergossen, Deckel drauf, mußte etwas ziehen. Dann dieses genaue Verteilen auf die Becher unserer sechs Frauen.

Kaffeschrot macht schön!

Vonwegen Sieb, „Kaffeeschrot macht schön“, hörten wir meine Oma sagen und dann schlürften sie den Kaffee genüsslich und langsam, als sei dieses warme Nass flüssiges Gold. Unsere kleinen Geschwister ließ dies alles ziemlich kalt, sie spielten, Heini und ich hingegen beobachteten alles sehr genau und interessiert: Die Erwachsenen waren ja wie verzaubert, was war dies nur für ein Geheimnis? Oma ließ mich einmal probieren: Nein, mir gab das nichts. Heinis Mutter versuchte es bei ihm, auch er konnte dem gar nichts abgewinnen. Aber wir beide verstanden die Frauen und rösteten noch fleißiger für das bevorstehende Fest.

Das Rosinenbrot

Waren wir allein auf Organisationstour, dachten wir darüber nach, wie wir zu etwas Essbarem kommen könnten, was dann diesen Festtagstrunk krönen könnte. Auch das gelang: Ich hatte eine Brotfabrik ausgemacht, bei der ich auf dem Wege zum Kommunionsunterricht, ich war katholisch, vorbeikam. Hier durfte ich einmal die Woche eine kleine Tüte Brotkanten abholen. Eine Mitarbeiterin hatte beim ersten Fragen Mitleid mit mir bekommen und sich dies Angebot ausgedacht. Wie strahlte ich diese Frau jeweils dankbar an und so wurden wir beide immer vertrauter. Sie fragte jedenfalls immer nach, wie es uns so ginge. Ihr wollte ich die Kaffeegeschichte kurz erzählen. Sie war sichtlich gerührt und deutete an, da müsste was für die Frauen dazu, sie würde sehen, was sich machen ließ. Und ein kleines Wunder kam dann zustande. Zu meinen Brotkanten kam vor Weihnachten ein kleines Rosinenbrot. Ich hätte diese Frau in den Himmel heben können und freute mich so sehr, dass wohl mehr nicht ging. Sie drückte mich sogar und wie auf Wolken zog ich zu Heini, der um die Ecke wartete. Er strahlte ebenfalls und nun hieß es, alles so zu verstecken, daß es eben Heiligabend auf den Tisch kam. Uns gelang es und die zusätzliche Freude machte den Kaffeegenuss unserer Mütter und der anderen Frauen so komplett, dass ich nie diese strahlenden, gerührten, dann wieder Genuss verkündenden Augen vergessen werde. Noch verstanden Heini und ich nicht, wie man sich über so braunes, heißes Nass und etwas dazu so freuen konnte, aber wir fühlten intensiv, wie unser Beitrag dazu wirkte.

Eine Tasse Bohnenkaffee tut auch heute gut, halten wir inne und danken.

Frohe Weihnachten!

Bremen, zum Weihnachtsfest 2019

Ihre Elisabeth Kriechel

Teil 1 finden Sie unter dem Datum 4. Dezember hier

Teil 2 finden Sie unter dem Datum 10. Dezember hier

Teil 3 finden Sie unter dem Datum 16. Dezember hier

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