Klare Sprachverwirrungen

Nichts ist so sicher wie der Wandel. So wandelt sich auch schleichend unsere Umgangssprache, was manchmal dazu führt, dass sprachliche Wendungen nicht aufs erste Hören zu verstehen sind. Besonders gerne werden Anglizismen nahtlos in das tägliche Sprechen integriert. Auch wir älteren Menschen sind lernfähig und passen uns dem gerne an. So habe ich kürzlich festgestellt, dass bei jungen Leuten erst vor kurzem erkannt wurde, dass ein Mobiltelefon, genannt „Handy“, mit einer Telefonfunktion ausgerüstet ist. Nur ist der Begriff „Telefon“ einfach zu altbacken, als dass junge Menschen es ins tägliche sprachliche Leben flächendeckend einfügen wollen. Sie benutzen eine „Audio-Life-Stream-Funktion“, auch gerne mal für Gespräche mit ihren Grosseltern.

Umschreibungen

Man bedient sich bei anderen Sprachen ohne ein Dieb (= „Fachkraft für spontane Eigentumsübertragung“) zu sein, sondern muss den Worten nur eine kuscheldeutsche Version geben. Sagt der Italiener „Ciao“, so sagt der Deutsche heute auch gerne „Tschaui!“ und meint das Gleiche, nämlich „Tschüs!“. Aber auch sprachliche deutsche-deutsche Umwidmungen werden gerne genutzt, weil sie nicht Benennungen, sondern plastische Beschreibungen sind: Gewindebolzen für Schraube, Doppelarmhebelverbundklemme für Zange…

positive Prophezeihungserfüllung

Ein Beispiel für die segenbringende Wirkung von fremder, hier lateinischer, Wortanwendung ist die „positive Prophezeihungserfüllung“ nach Paul Watzlawick: Ein Patient, schwer krank, liegt im Krankenhaus. Die behandelnden Ärzte sagen ihm, dass sie seine Diagnose nicht stellen können, ihm somit nicht helfen können. Allerdings komme den anderen Tag ein bekannter Spezialist. Wenn dieser die Diagnose stellen würde, könne man ihm helfen. Der Spezialist äußert am Krankenbett nach einer Untersuchung die Diagnose „Moribundus!“ (todgeweiht). Der Patient gesundet anschließend innerhalb weniger Tage. Die Ärzte sind ratlos. Der Patient sagt: „Es ist genau so gekommen, wie Sie es vorausgesagt haben: Der Spezialist hat die Diagnose stellen können („Moribundus“) und dann bin ich gesund geworden!“

Naja

Sie meinen, ich hätte zuviel Flüssigkeit mit Destillationshintergrund zu mir genommen, so dass ich die Jahresendflügelfiguren singen höre? Ich bin doch nicht blöd! Oder besser gesagt: Ich ignoriere doch (hoffentlich) nicht den (Ihren) intellektuellen Erwartungshorizont!

Dr. Dirk Mittermeier

  1 comment for “Klare Sprachverwirrungen

  1. Berit sagt:

    Wie recht du hast! Aber bei mir selbst merke ich, wie schnell ich diese „neue deutsche Ausdrucksweise“ doch übernehme- bye bye……

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