Wohnen mal anders -Studentenbude im Altersheim

In der Sendung Europa-Magazin vom 01.10.2017 brachte die ARD einen Beitrag aus den Niederlanden, der als aktuelles Thema den knappen Wohnraum an den meisten

Nachdenkliche junge Frau vor einer Schultafel

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Universitäts- und Hochschulstandorten Europas aufgreift. Dieses Dauerproblem belastet die Wohnsituation der deutschen Studentinnen/Studenten, und auch in Bremen lässt sich ein Lied davon singen.

Unterschiedliche Modelle möglich

Die Niederlande praktizieren in Deventer, wo jeder vierte Einwohner ein/eine Student/in ist, ein Modell, über das auch in unserem Land mal nachgedacht werden könnte. Ein Altersheim bietet Studenten kostenlose Zimmer an, wenn sie dafür im Gegenzug Zeit mit ihren älteren Mitbewohnern verbringen. Ein ähnliches Angebot läuft schon in Bremen: Wohnen für Hilfe. Es wurde bereits im Januar 2014 von der Sozialsenatorin, Anja Stahmann, vorgestellt. Ältere Bürger/innen, die über freien Wohnraum in ihren Wohnungen oder Häusern verfügen, bilden eine Wohnsymbiose von Jung und Alt. Dieses Modell findet sich auch schon in anderen deutschen Universitätsstädten. Aber allein scheint es nicht zu genügen, um den Wohnungsbedarf der Studierenden zu decken. Wäre da nicht das niederländische Beispiel nachahmenswert, um die Wohnungsnot weiter zu lindern?

Erfahrungsaustausch und weniger Einsamkeit

Beide Modelle fördern das Zusammenleben und Füreinander von älteren und jüngeren Menschen. Es können Erfahrungen ausgetauscht und es kann die Einsamkeit überwunden werden. Es gilt das Angebot freien Wohnens für gewisse alltägliche Hilfsleistungen. Aber das niederländische Projekt in Deventer bietet noch einen speziellen Vorteil an, denn es nützt nicht nur den Alten und Jungen, sondern es hat auch einen hohen gesellschaftlichen Wert. Die Studierenden brauchen sich keine Sorgen wegen ihrer Mieten zu machen und tragen als Gegenleistung dazu bei, den Fachkräftemangel in Altenwohn- und Pflegeheimen durch leichte Arbeit und Zeitspende für ältere Menschen ein wenig zu vermindern. Was die Ernährung betrifft, können sie sich im Heim vielleicht sogar preiswerter als in der Mensa versorgen.

Kuschelschaf mit Schriftzug home sweet home

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Studenten gewinnen doppelt

Wichtig erscheint mir, dass die Studierenden im niederländischen Modell nicht nur auf ähnliche Verhältnisse zwischen Jung und Alt treffen, wie sie ihnen im Regelfall aus ihren Familien bekannt sind, sondern dass sie auch direkt und vielfältiger mit den Problemen des Alterns konfrontiert werden, und da kann sich soziales Engagement und Stehvermögen entwickeln. Als Kinder einer teils sehr anspruchsvollen und oft auch rücksichtslosen Wohlstandsgesellschaft haben sie die Chance, mehr Nuancen des realen Lebens kennenzulernen und zu üben, in bestimmten Situationen Ansprüche zurückzunehmen und Zuverlässigkeit zu garantieren.

Durch den Gedankenaustausch mit den Älteren und durch die Begegnung mit anderen Schicksalen begreifen die Jüngeren wahrscheinlich auch besser, was Einsamkeit und Hilflosigkeit bedeuten und dass jedes Leben mit schwierigen persönlichen Verhältnissen verbunden sein kann und niemand grundsätzlich davon ausgenommen ist, irgendwann einmal Hilfe in Anspruch nehmen zu müssen. Nicht umsonst wird ab und zu in Deutschland über die Einrichtung eines für alle Jugendlichen obligatorischen einjährigen Sozialdienstes diskutiert. Das wäre, wie ich meine, eine gute Einrichtung, die dem gesellschaftlichen Zusammenhalt dient.

Gerd Feller

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