Plötzlich Senior – Wohnen im Alter

Plötzlich Senior oder – Sei lieb zu Deinen Kindern, sie bestimmem in welches Heim Du gehst.

Wohnen im Alter, Skulptur: Figur blickt durch ein Fernrohr

(c) bremen.online, ME

Manches Ereignis im Jahreslauf überfällt uns unerwartet, wie zum Beispiel Weihnachten oder der erste Schneefall. Für Ersteres verfallen wir in hektische Aktivität, Letzteres führt auf Straße, Schiene und Flughafen regelmäßig zu chaotischen Zuständen. Ersteres ließe sich durch einen frühzeitigen Blick auf den Kalender einplanen. Auf Letzteres behaupten alle vorbereitet zu sein und trotzdem gibt es Chaos. Außerdem ist für den Schneefall der Termin unbestimmt. Wir wissen lediglich, dass er wahrscheinlich irgendwann eintritt.

Für den Lebensbogen bestehen für die Menschen ähnliche Ereignisse, die individuell höchst unterschiedlich sind und sich nicht an einem festen Lebensalter festmachen lassen. Aber bei den meisten treten sie dennoch auf:

Der Übergang in die Rente, ein Leben ohne Berufstätigkeit, die Notwendigkeit einer Betreuung, eine Pflegenotwendigkeit. Die Statistik schenkt uns jedes Jahr einen Zugewinn an durchschnittlicher Lebenserwartung. Oft ein Grund, alles, was mit einer Planung des dritten Lebensabschnitts zu tun hat, auf die statistisch immer längere Bank zu schieben. Wie mit diesem Thema umgegangen wird ist oftmals geprägt durch die Erfahrungen, die im Familien- und Freundeskreis damit gemacht wurden.

Wohnen im Alter

Kuschelschaf mit Schriftzug home sweet home

(c) frauenseiten ; Devrim Sahiner

Im Freundeskreis wird seit Jahren viel darüber diskutiert. Man will sich für ein gemeinsames Wohnprojekt zusammentun. Das klappt manchmal auch, scheitert aber meistens daran, dass eine konkrete Terminplanung sich als nicht koordinierbar erweist. Mehr noch machen die doch unterschiedlichen Lebensplanungen und Vorstellungen zu einem Leben im Alter – je mehr Teilnehmer, alles umso komplizierter.

Also sammelt man individuelle Stichworte für ein Leben und Wohnen im Alter: Lage der Wohnung, persönliche „Wohlfühlkriterien“ einer Alterswohnung, Kriterien für Wohnkonzepte (Wohngemeinschaft /“Alters-WG“ oder Hausgemeinschaft mit anderen Älteren oder generationenübergreifend), listet Anforderungen an das Umfeld (Erreichbarkeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln, erreichbare Einkaufsmöglichkeiten für den täglichen Bedarf, soziale und kulturelle Angebote, keine „Alterswüste“ am Stadtrand mit Park und Enten (oder doch gerne?), prüft die ärztliche Versorgung, Pflegedienstanbindung, um nur einige Punkte zu nennen).

Kleiner Rucksack

schwarzer Rucksack mit Schild 65

(c)Dirk Mittermeier

Für meine Frau und mich hieß das vor vier Jahren nach langen Überlegungen: frühzeitige Entscheidung für ein altersgerechtes Umfeld, um in einem neuen Stadtteil heimisch zu werden. Wir wollten die Menschen kennenlernen, die dort leben, aber auch uns selbst, als neue Mitbewohner eines Quartiers bekannt machen. So spannend es immer ist, wenn eine neue Wohnung bezogen wird und eine neue Lebens-Umgebung erkundet werden kann, so aufregend ist das Umziehen selbst. Je jünger man ist, umso leichter fällt es. Darüber hinaus sind einschneidende Vorbereitungen notwendig, wenn das Umziehen mit einer erheblichen Reduzierung der Wohnfläche einhergeht. Je älter man wird, umso kleiner sollte der Rucksack sein, mit dem man unterwegs ist!

Selbstbestimmte Weichenstellung

Es ist überaus spannend, sich auf ein neues Umfeld einzustellen. Überraschenderweise finden sich bisher nicht genutzte oder bisher nicht bekannte Einrichtungen für Freizeitaktivitäten in der Nähe. Für uns war es aber auch mitentscheidend, dass sich unsere neue Wohnung nicht am Stadtrand auf der grünen Wiese, sondern „mitten drin“ im Leben eines quirligen Stadtteils befindet.

So bestehen eine Menge Kriterien für eine Entscheidung. Man muss sich nur einmal die Mühe machen, das alles zusammenzutragen. Aus meiner Erfahrung kann ich sagen: Nur Mut! Es ist auf jeden Fall ein spannendes – wenn möglich mit dem Lebenspartner – gemeinsames Diskussionsfeld. Das einzige, was dabei benötigt wird, ist Zeit zum Sammeln der Kriterien („Software“) und Geduld bei der Suche nach einem geeigneten Wohnobjekt („Hardware“). Wenn die Umsetzung gelingt, dann ist es allerdings ein überaus beglückendes Gefühl, die Weichen für das Leben im Alter frühzeitig und selbstbestimmt gestellt zu haben.

Dr. Dirk Mittermeier

  7 comments for “Plötzlich Senior – Wohnen im Alter

  1. Barbara M. sagt:

    Herr Dr. Mittemeier mag für sich und seine Frau das Patentrezept gefunden zu haben. Ich gehe mal davon aus, dass er a) finanziell relativ gut abgesichert ist und b) die Renten des Ehepaares samt Ersparnissen solche Pläne erlauben. -Dummerweise fragen Krankheiten selten nach Vorstellungen und Wünschen. Aus diesem Grund wurde ich mit 60 Jahren Witwe. Die Selbstständigkeit meines Mannes als Diplomingenieur, seine Krankheit und der Wegfall seines ehemals Verdienstes, auch die Ausbildung unserer Kinder (5)ließen im Nachhinein wenig frei Wahl. Vor 10 Jahren gab es -eigentlich-genügend Ersparnisse( weil ich das Reihenhaus in FRI verkaufte, um eine kleine Eigentumswohnung zu erwerben. Allein die Bank winkte ab, ich hätte alles einsetzen müssen, wusste aber, dass meine Rente allein nicht reichen kann. So zahle ich seit 7 Jahren in HB eine für mich zu hohe Miete, weil…nun, das weiß man, die Mieten sind exorbitant gestiegen.Meine Ersparnisse gehen drauf, weil meine Renten viel zu gering sind.Fest-und Tagesgeldzinsen waren ja auch abzuhaken,Während meine Schwiegermutter ( Hausfrau, 5 Kinder) von ihren Rentenzinsen sogar noch in Urlaub fahren konnte, bin ich fast am Ende. Ein übriges taten eine falsche Rentenberatung im Landkrs Friesland und auch ds ablehnende Verhalten der Jobbörse: Außer Ehrenamt war nichts zu holen.Um Grundsicherung zu bekommen, liege ich allerdings ca 20-30€ über dem Limit. Und somit habe ich keine, aber auch gar keine Vergünstigung durch das Land oder die Kommune. Nich komme ich klar. Außer meiner Wohnung gönne ich mir sehr wenig. Also, Ratschläge, wie die des – sich Schulter klopfenden, selbstzufriedenen Herrn Mittermeier, brauche ich wirklich nicht. Und ich denke, ich stehe überhaupt nicht allein, mein Schicksal gibt es hier in Bremen oft, hier, wo man nur für Menschen baut, die Geld haben und/ oder geliehen bekommen . Ja…auch unsere Planung sah ganz anders aus..

    • Joschi sagt:

      Wieso sollen sich Senioren_innen im Alter verkleinern hins.
      des genutzten Wohnraumes? In meinem näheren Umfeld waren
      und sind viele Ältere, die ganz im Gegenteil jetzt, wo so viele
      Kraftquellen und neue Interessensgebiete sichtbar werden,
      m e h r Wohnfläche als früher brauchen!
      Meine Großmütter lebten
      in ihren eigenen Häusern, viele meiner älteren Freundinnen und
      Freunde wünschen sich ein großes Haus mit Garten!
      Langeweile? Die kommt gar nicht erst auf…

    • lissi bettina köchling sagt:

      Sie sprechen mir aus dem Herzen! Nach fast 16 Jahren Pflege meiner demenzkranken Mutter bin ich (auch) körperlich am Ende und sehr immobil mit meinem altersschwachen E-Rollstuhl. Und: Pflege macht einsam, nach 2, 3 Jahren waren alle weg. Mutters vormals großer Freundeskreis, meiner erst recht, denn ich war (dummerweise!mit dem heutigen Wissen kann ich nur abraten, das zu tun) aus dem Norden zu meiner Mutter gezogen, um ihr das Heim zu ersparen. Kranksein ist zu teuer: meine Krebserkrankung mit all den Fahrten, der „Selbstbeteiligung“ und den Pflege- und Hilfsmitteln übersteigt meine finanziellen Mittel, das sogenannte Schonvermögen von 5000 Euro habe ich längst nicht mehr. Ich liege ebenso knapp über dem Limit, muß mit etwa 300 Euro auskommen. Was damit möglich ist? Nichtmal eine vernünftige Ernährung, schon garnicht Friseur, Schwimmbadeintrittspreise, irgendwelche Ausflüge. Nein ich grübele ständig, wie ich z.B. Zahnarzt – durch die Erkrankung und Therapie sind auch Knochen, also ebenso Kiefer=Zähne) betroffen- bezahle. Dazu ernährungs- und altersbedingt Osteoporose. Eine Kunststoffprothese, die mich ca. 140 Euro kosten wird. Eigenbeteiligung…Aktuell mussten mir 4 Frontzähne gezogen werden, ich wurde zahnlos wieder nach hause geschickt: „es muß erst die Bewilligung der Kasse dasein“. Diese Behandlung, die Verachtung von alt UND arm macht kränker als Krebs. Der Ruhestand bereitet mir schlaflose Nächte. Wieso alte Frauen depressiv werden: darüber gibt es viele schlaue Bücher und Vorträge. Vor allem, was dagegen gemacht werden kann. Na toll, da sind wir wieder selber schuld. Weil wir keine Reisen, Tanzkurse und Erlebnisfahrten buchen, uns nicht in ein Mehrgenerationenhäuser einkaufen. Sehr klasse. Antidepressiva würde ich übrigens umsonst verschrieben bekommen. Da kann ich bestimmt nicht mehr meinen Alltag, meinen Haushalt, meine Wäsche, meine wöchentlichen Einkäufe und die Körperpflege bewältigen. Aber auch das würde niemand sehen.

  2. Sybille sagt:

    Ich kenne auch Leute, die sich im Alter verkleinern möchten, genauso wie welche, die sich mit fünfundsechzig Jahren noch ein Haus mit Zweihundertfünfzig Quadratmetern Wohnfläche haben bauen lassen. Es kommt immer auf die eigenen Bedürfnisse an, und es richtet sich natürlich auch danach, wie fit man ist und wie man finanziell dasteht. Ein Patentrezept gibt es da, meiner Meinung nach nicht.
    Viele Grüße Sybille

    • Joschi sagt:

      Sybille! Danke für Deinen differenzierten Kommentar. Manche wohnen (fast)
      ein Leben lang in einer eher kleinen Wohnung in der
      Großstadt und sparen für ein Haus auf dem Land mit Garten.
      Häuser sind in manchen ländlichen Gebieten zu moderaten
      Kaufpreisen zu erwerben. Auch die Mieten sind hier deutlich niedriger
      als in der Stadt. Fitness ist für diese Form des Altwerdens
      (Gärtnern und Renovieren aus Leidenschaft) Voraussetzung.

      Viele Grüße

      Joschi

  3. Elfie sagt:

    Also: Ich war immer Mieterin. Kaufen von Wohnraum war nicht drin. Trotzdem bin ich dabei, mich zu verkleinern: gebe Sachen weg, verschenke Dinge, die ich nicht so dringend brauche. Für mich gehört das Verkleinern im Alter dazu. Denn wir alle leben doch mit tausend Dingen. Und es entlastet kolossal weniger um sich zu versammeln.

    • Joschi sagt:

      Elfie, frau/man kann, wie inzwischen viele junge Mitmenschen übrigens …
      gerne minimalistisch leben und dies alles in einem großen Haus
      mit Garten und Selbstversorgeranspruch. Sammeln und Horten
      war typisch in den „Siebzigern“ und „Achtzigern“, obwohl:
      Damals gab es auch schon Leute, die sich ganz bewusst und
      freiwillig auf das Notwendigste beschränkten, besonders in studentischen
      Kreisen.

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