Das Mittwoch-Rätsel – Ausgabe 7

Steinfigur mit Dreizack

(c) H. Schnatmeyer

Bremer Geschichte – ins Gespräch gebracht. In dieser Folge steht ein Gebäude im Mittelpunkt.

Rund um den Bremer Roland kann man die Geschichte der Stadt am schnellsten kennen lernen. Dazu muss man sich nur einmal um sich selbst drehen. Wer mehr sehen will, spaziert auch noch durch die Böttcherstrasse und geht zum Schnoor. Amüsanter ist es, den Rundgang mit rätselhaften Spuren zu versehen. Thea, seit zehn Jahren Stadtführerin, hat wieder eine neue gelegt. Diesmal redet sie in ihrer Phantasie mit dem griechischen Gott Poseidon. Er krönt ein Gebäude mit einem seltsamen Namen. Die Frage ist: Wie heißt das Haus?

Ihr Interview

Ich stehe hier auf dem Bremer Marktplatz. Sehen Sie mich?

Sehr gut. Sie stehen mitten im Hanseatenkreuz, und Ihr helles Hemd leuchtet im Sonnenschein.

Sie sind mein Wunsch-Partner. Ich möchte mich mit Ihnen über die Hanse-Zeit unterhalten.

Die Hanse? Längst vergessen!

Keine faulen Ausreden. Ich meine den Bund, dem die Bremer Kaufleute vor 650 Jahren, ganz genau am 3. August 1358, beigetreten sind.

Und das glauben Sie? Schließlich haben die Bremer ganz gern auch mal eine Urkunde gefälscht.

Sie herrliches Mannsbild da oben. Werden Sie nicht frech! Gott der Meere. Mit einem griechischen und römischen Namen. Erinnern Sie sich bitte daran, dass Sie auch nicht immer makellos gehandelt haben! Haben Sie nicht mit Ihrem Dreizack Stürme entfacht, Felsen gesprengt und die Erde beben lassen?

Sachte, sachte. Ich spiele mit. Verraten Sie mir nur noch, warum Sie gerade mich ausgeguckt haben. Figuren mit meinen Namen – Poseidon und Neptun – gibt es schließlich auch an anderen Stellen rund um den Bremer Marktplatz.

Weil Sie auf dem Frontgiebel das Haus krönen, das sich die Bremer Kaufleute vor rund 470 Jahren gebaut haben und das sie bis heute als ihren Versammlungsort nutzen. Und weil Bremen sich Hansestadt nennt.

Also gut. Reden wir über die Hanse. Oder besser über die hanseatischen Kaufleute, denen dieses Haus gehört. Wobei ich – als Gott der Meere – nur berichten kann, dass sie es während der Blütezeit der Hanse mit mir nicht immer leicht hatten. Wer seine Fracht nicht ordentlich verstaut hatte, wurde von meinen Stürmen durcheinander gewirbelt. Jeder Kapitän, der die Heuer nicht pünktlich zahlte, erlebte, wie meine Winde ihm die Segel zerfetzten. Doch jeder Kaufmann, der sich in neue Märkte wagte, wurde mit leichtem Wind und Sonnenschein belohnt. So wurde zum Beispiel Riga gegründet.

Das war die Blütezeit. Die Historiker sprechen von einem Zeitraum zwischen 1250 und 1400. Bis zu 200 Hansestädte soll es damals gegeben haben. Doch nur drei, nämlich Lübeck, Hamburg und Bremen, haben die Erinnerung an diese Kaufmannsvereinigung und diesen außergewöhnlichen Städtebund wachgehalten. Darum sprechen wir auch heute noch vom hanseatischen Kaufmann.

Sehr richtig. Wie klug Sie wirken! Dabei wissen Sie vermutlich nicht, dass die Bremer Kaufleute die Marktseite meines Hauses erst vor gut 100 Jahren zum Denkmal für die Hansezeit umgestaltet haben. Erst da kamen die Wappen der vier hanseatischen Kontore – sozusagen die diplomatischen Vertretungen der Hanse im Ausland – über die Erdgeschossfenster, dazu die von Hamburg und Lübeck. Auch der Spruch „Buten un binnen, wagen un winnen“ über dem Portal stammt aus dieser Zeit. Und natürlich haben die Bremer Kaufleute das alles wieder aus eigener Tasche bezahlt.

Poseidon, Steinfigur mit Dreizack auf einem mittelalterlichen Giebel

(c) H. Schnatmeyer

Das war eine schöne Belehrung. Entsetzlich, was Jahrzehnte später passierte: In der Nacht vom 6. zum 7. Oktober 1944 wurde Ihr Haus von Brandbomben getroffen und brannte fast völlig aus. Auch Sie sind gefallen.

Krieg ist der Vater aller Dinge, sagte Heraklit. Ich stürzte zwar, stehe aber wieder ganz oben. Und warum? Weil die Bremer Kaufmannschaft mit Hilfe von Spenden für den Wiederaufbau sorgte. Sieben Jahre später, am 2. Oktober 1951, wurde das Haus – in alter Schönheit – wieder eröffnet.

Und womit die Hanseaten unserer Tage aufs Schönste ihre selbstgewählten Tugenden zum Glänzen brachten: Sie zeigten Wagemut und spendeten für eine gute Sache.

In meiner Zeit, als die Griechen noch fest an mich glaubten, erzählten die führenden Familien gern, dass ich ihr Stammvater sei…Vielleicht stehe ich ja auch deswegen bei den Bremer Hanseaten ganz oben vor dem Dach?

Lassen wir das lieber.

Mir hat es gefallen, dass wir unser Wissen so zusammengeschüttet haben…

Psst….Auch keine Wortspiele, bitte.

Einverstanden. Der Rest ist Schweigen…

Jetzt die Frage an den geduldigen Leser: Wie heißt das Gebäude am Bremer Markplatz?
Stadtwaage?
Schütting?
Kornhaus?

Die Auflösung findet sich auch diesmal in den Weiten des Internets oder in der heimischen Büchersammlung. Viel Spaß beim Suchen!

Bis bald, Thea

Helga Schnatmeyer

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