Lebensmittelindustrie macht „halbe Sachen“

Ein Teller mit Risibisi

Risibisi (c) By Ilaria22 (Own work) CC BY-SA 3.0 via Wikimedia Commons

Die Angaben für Portionsgrößen der Lebensmittelindustrie sind oft viel zu klein. Dadurch werden die Fett- und Zuckergehalte geschönt. Verbraucherzentralen fordern jetzt realistische Angaben auf der Verpackung.

Die Portionsgrößen, die die Hersteller freiwillig auf den Lebensmittelverpackungen angeben, stimmen häufig nicht mit den tatsächlichen Essgewohnheiten überein. Zu diesem Schluss kommen die Verbraucherzentralen nach einer bundesweiten Befragung von Verbraucherinnen und Verbrauchern. Nach der Umfrage verzehren sie im Schnitt mehr als zweimal so viel Müsli oder Chips wie auf den Etiketten als Portionsgröße angegeben ist. Die Verbraucherzentralen fordern deshalb von der Lebensmittelindustrie differenzierte und realistische Angaben.

Portionsgrößen der Hersteller bestehen Realitätscheck nicht

Pizza

(c)Hopfenblatt

Knapp 1.500 Verbraucherinnen und Verbraucher hatten zwischen Februar und März 2017 an einer nicht repräsentativen Umfrage der Verbraucherzentralen teilgenommen. Dabei sollten sie die Menge an Müsli und Chips abfüllen, die ihren üblichen Essgewohnheiten entspricht. Beim Müsli lag die Portionsgröße im Durchschnitt bei 81 Gramm, bei den Chips betrug sie 63 Gramm. Damit waren die tatsächlichen Portionen mehr als doppelt so groß wie die Angaben der Hersteller auf der Verpackung. Diese lagen bei 40 Gramm für das Müsli und 30 Gramm für die Chips. Beim Müsli lagen damit 89 Prozent der abgefüllten Portionen über dem auf der Verpackung gekennzeichneten Wert, bei den Chips waren es 74 Prozent.

Kleinere Portionen suggerieren geringere Zucker- und Fettgehalte

„Mit ihren Portionsgrößen macht die Lebensmittelindustrie nur halbe Sachen. Zwischen Kennzeichnung und Realität klafft eine große Lücke“, sagt Annabel Oelmann, Vorstand der Verbraucherzentrale Bremen. „Wir gehen davon aus, dass die Hersteller ihre Produkte mit den Mini-Portionen „gesundrechnen“ wollen. Aus kleineren Portionsgrößen ergeben sich automatisch auch geringere Mengen an Zucker oder Fett“, stellt Oelmann fest. Ein Rechenbeispiel ergab, dass im Durchschnitt beim Müsli nach den Herstellerangaben statt wie angegeben 14 rund 25 Gramm Zucker verzehrt werden, bei den Chips sind es statt 9,9 sogar 20,8 Gramm Fett.

Einheitliche Portionsgrößen lassen sich nicht bestimmen

Portionsgrößen, Chips in Form von Fußballerhemden auf einem Brettchen arrangiert

(c) hhs

Die Umfrage zeigt nach Einschätzung der Verbraucherzentralen zudem, dass eine seriöse Angabe einer Portionsgröße auf Verpackungen bei diesen Produkten gar nicht möglich ist: Die Mengen, die die Teilnehmerinnen und Teilnehmer abgefüllt hatten, variierten sehr stark. Die Werte lagen zwischen elf und 302 Gramm beim Müsli und zwischen drei und 250 Gramm bei den Chips. Letzteres entsprach der gesamten Packung.

Viele Befragte hatten zudem Schwierigkeiten, die Menge einer Portion überhaupt richtig einzuschätzen. Welche von den vier Schalen mit unterschiedlichen Mengen an Müsli oder Chips ist die Portionsgröße des Herstellers? Nur 39 Prozent der Teilnehmer lagen beim Müsli richtig, bei den Chips waren es 50 Prozent.

Die Nährwerte pro Portion, die häufig auf der Vorderseite einer Verpackung stehen, waren über 86 Prozent der Befragten bekannt. Aber nur fünf Prozent achten darauf und orientieren sich daran. Viele wünschen sich eine Ampelkennzeichnung, die sich auf 100 Gramm bezieht.

Verbraucherzentralen fordern sinnvolle Portionsangaben auf Verpackungen

Logo in rot/ weiß

(c) verbraucherzentrale bremen

Die Verbraucherzentralen fordern: Bei Lebensmitteln, die sich nicht eindeutig portionieren lassen, wie Chips oder Müsli, sollten Hersteller auf Portionsangaben verzichten. Die Umfrage hat schließlich gezeigt, wie wenig sie der Realität entsprechen. Nur bei Lebensmitteln mit konkreten Portionen wie einem Riegel, einer Scheibe oder einem Becher könnten die Informationen auf dem Etikett sinnvoll sein.

Der Untersuchungsbericht mit Details zu der Befragung, wie beispielsweise konkrete Ergebnisse in Abhängigkeit von Alter oder Geschlecht der Teilnehmerinnen und Teilnehmer ist auf der Internetseite www.verbraucherzentrale-bremen.de veröffentlicht.

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