Von Rhabarbersaft und Hosenträgern

Hosenträger an einem Kleiderbügel

© A. Behnk

Jedes Mal, wenn ich meinen Kühlschrank öffne, fällt sie mir ins Auge: die Flasche mit dem leckeren Rhabarbersaft. Sie ist ein Geburtstagsgeschenk von einer lieben und wertgeschätzten Kollegin. Ich freue mich darauf, sie genießen zu können. Aber wenn ich sie öffne, muss sie schnell geleert werden – und dann sind die Vorfreude und auch ein Stück Erinnerung vorbei.

„Die schone ich mir für Weihnachten auf“, war mein Gedanke im Herbst. Aber nach Ostern steht sie nun immer noch an ihrem angestammten Platz. „Bevor sie verdirbt, sollte sie unbedingt geleert werden“, überlege ich und habe dabei ein leichtes Gefühl der Vergänglichkeit und des Verlustes. In ihrem jetzigen Zustand erinnert sie mich an ein kleines Stück Ewigkeit, etwas das bleibt. Aber gehört zum Leben nicht auch der Wandel, die Veränderung, Platz zu machen für Neues? Das sind meine Gedanken – ausgelöst durch eine Saftflasche.

Nicht anders ist es auch mit den neuen Hosenträgern, die seit einem Jahr ungenutzt im Kleiderschrank liegen. Wenn ich die Packung öffne, werden sie der Vergänglichkeit ausgesetzt. Aber halt: Das ist das Leben – Wandel  u n d  Beständigkeit! Mal sehen, ob im Sommer Rhabarbersaft und Hosenträger auch noch an ihrem Platz stehen oder neuen „Schätzen“ gewichen sind. Prost!

Heiner Brünjes

  2 comments for “Von Rhabarbersaft und Hosenträgern

  1. Eske sagt:

    Ähnlich ging es mir mit einem Osterhasen. Ich hatte zu Ostern so einen schönen Hasen bekommen, in Goldpapier mit Glöckchen um. Den habe ich ein paar Wochen aufgespart, bis ich ihn endlich gegessen habe.
    Ja, dann man Prost Rhabarbersaft. Nun gibt es auch schon neuen Rhabarber im Garten, da muss der alte auch weg.
    Viele Grüße Eske

  2. Elfie sagt:

    Heiner, wenn du deine Hosenträger weiter so schonst, werden sie unsterblich wie die von Martin Walser. Der ist nämlich gefragt worden, ob er an ein Leben nach dem Tod glaubt. Darauf seine Antwort: „Immer wenn ich darüber nachdenke, lande ich bei der Gewissheit, dass meine Hosenträger unsterblich sind.“

    spiegel.de/KeineAngstvorderWahrheit
    spiegel-biografie Martin Walser Ausgabe 1/2017

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