Ich arbeite gerne mit Menschen

Frauenportrait

Hildruth Koopmann (c) privat, Koopmann

Hildruth Koopmann ist als Freiwillige in der Rechtlichen Betreuung tätig. Unserem Autor Heiner Brünjes hat sie von ihrer Tätigkeit berichtet. Diese Folge unserer kleinen Serie über Freiwillige in Bremen ist ausnahmsweise eine Idee länger geworden; das soll aber niemanden schrecken.

„Mir macht es Spaß, zu Menschen Kontakte aufzunehmen und mit ihnen gemeinsam die vorhandenen Probleme abzuarbeiten“

„Vor mehr als 15 Jahren machte mich eine Bekannte auf die Arbeit ehrenamtlicher Betreuerinnen und Betreuer aufmerksam. In meinem langen Berufsleben in den verschiedenen sozialen Bereichen (z.B. Kinder-, Jugend- und Erwachsenenarbeit, Substituiertenbetreuung und Psychiatrie) hatte ich häufiger mit rechtlichen Berufsbetreuerinnen und -betreuern zu tun und kannte deren Aufgabenbereiche“, berichtet Hildruth Koopmann. „Dass man diese Tätigkeit auch freiwillig ausüben kann, war mir neu. Mein Interesse war geweckt! Um mich für die Aufgabe fit zu machen, besuchte ich Fortbildungen. Als sich dann die Behörde wegen der Übernahme einer Betreuung bei mir meldete, wurde ich neugierig und sagte den Termin mit dem Betroffenen zu. Da wir uns im darauf folgenden Kennenlerngespräch vorstellen konnten, miteinander auszukommen, und die für mich anliegenden Aufgaben gemeinsam anzugehen, sagte ich zu. Ich bin bis heute – nach meiner Pensionierung – bei dieser freiwilligen Tätigkeit geblieben. Es ist mir wichtig, dass ich „einen Draht“ zu den von mir betreuten Personen habe und sie in das, was ich gerade tue, einbeziehe. Um einen Einblick in diese Arbeit zu ermöglichen, möchte ich von zwei Menschen, die ich derzeit betreue, berichten.

Taschenrechner, Schuldenberatung

(c) Robers

Vertretung in Geldfragen und bei Behörden

Ein Mann will seine schwierigen Familienverhältnisse und Ausgrenzungserfahrungen hinter sich lassen und „am Wohlstand teilhaben“. Er kauft Fernseher, Handys und so weiter per Kredit und verliert allmählich den Überblick über seine Finanzen. Alkoholprobleme kommen dazu und seine Beziehung geht kaputt. Durch einen Sozialarbeiter erfährt er, dass es die Möglichkeit einer rechtlichen Betreuung gibt und beantragt sie von sich aus. Dem wird stattgegeben. Er wohnt jetzt in einer betreuten Wohngemeinschaft. Diese rechtliche Betreuung übernahm ich im Jahr 2015 von einer Berufsbetreuerin. Meine vom Gericht festgelegten Aufgabenkreise sind: Regelung der Finanzen und Vertretung gegenüber den Behörden. Ich besuche ihn einmal im Monat und erzähle, was für ihn zu tun ist. Er sagt seine Meinung, und wir erörtern, wie es weitergeht. Er ist von mir dazu ermuntert worden, zu seinem Geschwisterteil (in der alten Heimat geblieben) Kontakt aufzunehmen. Mittlerweile haben wir ein Vertrauensverhältnis aufgebaut, und er erzählt mit auch Persönliches.

Eine fast 80jährige alte Dame lebt seit 20 Jahren im Heim. Meine Betreuung besteht seit dem Jahr 2003 für die Bereiche Vermögens- und Gesundheitssorge. Dies beinhaltet zum Beispiel das Prüfen der Abrechnungen und die Einverständniserklärung bei Operationen. Ich besuche sie einmal im Monat, in Krisenzeiten öfter. In der langen Zeit der Betreuung hat sie mir viel von sich erzählt, und ich habe ihre Biografie aufgeschrieben. Das ist mir wichtig, denn in vielen Einrichtungen wechselt das Personal häufig und kaum jemand weiß, woher bestimmte Angewohnheiten der Bewohner kommen und wie einige ihrer Verhaltensweisen zu bewerten sind. Außerdem: Wenn jemand verstummt oder durch Demenz Worte nicht mehr findet, sollte zumindest bekannt sein, welche Vorlieben oder Abneigungen bei Speisen, Getränken, Kleidung, Farben, Gerüche, usw vorhanden sind. Dies kann dazu beitragen, dass Konflikte vermieden werden. Mit der Zeit ist die von mir betreute Dame gebrechlich geworden und vergisst manchmal zu essen und zu trinken. Gemeinsam mit dem Pflegepersonal überlegen wir derzeit, welche Anreize geschaffen werden können, damit sie sich besser fühlt (Lieblingsmusik und -speisen) und wieder mehr zu sich nimmt.

Zum Abschluss zieht Hildruth Koopmann eine Resumée: „Die Betreuung ist eine verantwortungsvolle Aufgabe, in die ich langsam hineingewachsen bin. Ich weiß immer noch nicht alles, aber das macht nichts, denn ich lerne mit jeder neuen Betreuung und mit jedem neuen und anderen Menschen dazu.“

zwei Frauen im Gespräch

(c) frauenseiten ; robers

Immer nur so viel Unterstützung, wie notwendig

Wenn erwachsene Menschen aufgrund einer körperlichen, geistigen oder seelischen Einschränkung wichtige Entscheidung oder Geschäfte nicht mehr alleine tätigen können, kann eine rechtliche Betreuung notwendig werden. Sie wird aber nur dann bestellt, wenn es keine anderen Hilfen gibt (zum Beispiel keine Vorsorgevollmacht), die eine rechtliche Betreuung überflüssig machen können. Sie hat die frühere Vormundschaft ersetzt. Ziel des Betreuungsrechts ist es vor allem, dem betreuten Menschen ein selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen. Es soll so wenig wie möglich in die Persönlichkeitsrechte eingegriffen werden. Die Vorstellungen und Wünsche der Betroffenen und ihr Wohlergehen stehen bei allen Entscheidungen im Mittelpunkt. Bei den betroffenen Personen handelt es sich überwiegend um ältere Menschen, häufig mit einer dementiellen Erkrankung, aber auch um Menschen mit einer geistigen Behinderung, Menschen mit einer psychischen Erkrankung oder um junge Erwachsene mit einer Entwick-lungsverzögerung. Das Mindestalter für eine Betreuung beträgt 18 Jahre.

Der Wille des Betroffenen entscheidet

Ein großer Anteil der rechtlichen Betreuungen wird durch Familienangehörige geführt. Wenn das nicht möglich ist, sieht das Gesetz auch die Bestellung ehrenamtlicher Betreuerinnen und Betreuer vor, die dem Betroffenen vorher nicht bekannt waren. Die Aufgaben und Tätigkeiten der rechtlichen Betreuer sind vielfältig und von der jeweiligen Lebenssituation abhängig. Die Aufgabenkreise werden vom Betreuungsrichter festgelegt und den Betreuern zu Beginn dargestellt. Aufgaben können zum Beispiel die Durchsicht der Post, Organisation einer ambulanten Versorgung, eine Wohnungsauflösung und der Umzug in ein Heim sein, aber auch die Organisation einer Haushaltshilfe.

Die Betreuungsbehörde fragen die Betreuer an, vermitteln die Fälle und sprechen dem Gericht eine Empfehlung aus. Dieses setzt dann den Betreuer ein. Um Kenntnisse und Erfahrungen auszutauschen, treffen sich die rechtlichen Betreuer monatlich auf freiwilliger Basis.

schwarze Paragrafensymbole auf weißen Karten

(c) frauenseiten A. Ehlers

Ehrensache rechtliche Betreuung

„Ehrensache rechtliche Betreuung“ setzt sich dafür ein, die rechtliche Betreuung als freiwillige Tätigkeit in der Öffentlichkeit bekannter zu machen und Mitbürgerinnen und Mitbürger für diese Aufgabe zu gewinnen. Wir sind als Team in der Betreuungsbehörde im Amt für Soziale Dienste angesiedelt und haben das Ziel, für einen betreuten Menschen einen „passenden Unterstützer“ zu vermitteln. Dafür suchen wir engagierte Bürgerinnen und Bürger mit den unterschiedlichsten beruflichen und persönlichen Erfahrungen, die bereit sind, eine gesetzliche Vertretung für einen anderen Menschen zu übernehmen.

Freiwilliges Engagement ist im Bereich der rechtlichen Betreuungen eine anspruchsvolle und verantwortlungsvolle Aufgabe und verlangt von den Betreuern viele persönliche Fähigkeiten. Sie sollten schwierige Entscheidungen für den Betroffenen treffen können. In unserer Arbeit ist uns besonders wichtig, dass wir den Vermittlungsprozess von der Vorstellung einer Betreuungssituation bis zum persönlichen Kennenlernen begleiten. Stimmt die „Chemie“ und kommt die Betreuung zustande, bleiben wir für die tätigen Betreuer verlässliche Ansprechpartner. Wir bieten neben unserer Erstberatung und verschiedenen Fortbildungsangeboten auch monatliche Austauschtreffen an.

Sie haben Interesse an einer freiwilligen rechtlichen Betreuung? Ansprechpartner ist das Amt für soziale Dienste (Betreuungsbehörde), Herr Dennis Plitzko, Utbremer Straße 90, 28217 Bremen, Tel. 361-16248. Mail: Dennis.Plitzko@afsd.bremen.de

Mehr Infos gibt es auf der Seite der Senatorin für Soziales.

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