Willkommenskultur in der Schule

Rednerin an einem Stehpult

Die ehemalige Vorkurs-Schülerin Roja Rezai moderierte die Veranstaltung (c) Senatorin für Kinder und Bildung

Auf einem ungewöhnlich bewegenden Senatsempfang ehrte Senatorin Dr. Claudia Bogedan rund 180 Vorkurslehrerinnen und -lehrer die in Bremer Vorkursen unterrichten. Krieg, Flucht, Schmerz im Herzen – als Poetry-Slammerin Marjam Amiri ihr beeindruckendes Werk „Das rote Kleid“ während des Senatsempfangs für Vorkurslehrerinnen und -lehrer vortrug, hätte man eine Stecknadel fallen hören können. Gebannt lauschten die zirka 180 geladenen Gäste der jungen Frau zu. Sie selbst sei aus Afghanistan geflüchtet, habe in Bremen einen Vorkurs besucht und mache zurzeit ihr Abitur am Alexander-von-Humboldt-Gymnasium in Huchting.

Es ist manchmal schwer darüber zu reden

„Ich bin froh, in Deutschland und in Bremen zu sein. Die Menschen hier haben mich sehr unterstützt, die Hilfsbereitschaft ist sehr groß“, erklärte die 19-Jährige während des ungewöhnlichen Empfangs. Ungewöhnlich deshalb, weil Kinder und Jugendliche, Lehrerinnen und Lehrern sowie Behördenvertreter in kurzen – von Schülerin Roja Rezai moderierten – Talkrunden ihre Situation schilderten. „Wir haben uns in einer Projektwoche mit dem Thema Flucht und Heimat beschäftigt. Es ist manchmal schwer darüber zu reden. Im Ergebnis sind verschiedene Plakate entstanden“, sagten Alfa und Hassan aus einem Vorkurs an der Oberschule am Waller Ring. Gemeinsam mit ihrem „Vorkurs-Kollegen“ haben sie aus dem Material eine Ausstellung bestückt, die in der Schule noch bis zum 27. Januar zu sehen ist.

Mädchen spricht mit ihrer Mutter

Die Grundschülerin Ediza Musova spricht bereits vier Sprachen und übersetzt für ihre Mutter in Gebärdensprache (c) Senatorin für Kinder und Bildung

Zu den „Lieblingen“ der Anwesenden gehörte Ediza Musova aus einem Vorkurs an der Grundschule Andernacher Straße in Tenever. Von den vielen Menschen und dem Interieur der Oberen Rathaushalle tief beeindruckt, beantwortete sie mit ihrem „Sprachrohr“ Vorkurslehrerin Ursula Schöllchen die Fragen des Behördenvertreters Helmut Kehlenbeck. Ediza spricht serbisch, mazedonisch, bulgarisch und deutsch sowie die Gebärdensprache. Hintergrund: ihre Mutter, dank ihrer Tochter ebenfalls an der Talkrunde beteiligt, ist taubstumm. Die Familie sei aus Mazedonien geflüchtet, um den Kindern ein besseres Leben und Bildung zu ermöglichen, erfuhren die Zuhörer. „Ich finde es großartig, dass die Kinder hier Lesen, Schreiben und Rechnen lernen. Ich wünsche mir für Ediza, dass sie Schneiderin wird und schöne Kleider für die Menschen macht“, so Frau Musova.

Zwei junge Männer mit einer Plakatwand

Die Schüler des Vorkurses des Schulzentrums Bördestraße, Alfa und Hassan, haben sich mit dem Thema Heimat beschäftigt (c) Senatorin für Kinder und Bildung

Willkommenskultur beginnt in der Schule

Momente, die auch Dr. Claudia Bogedan, Senatorin für Kinder und Bildung, sehr bewegten: „Es ist sehr schön zu sehen, wie wohl sich diese Kinder und Jugendlichen fühlen. Voraussetzung für die schnelle schulische Integration ist, dass Schülerinnen und Schüler ohne Deutschkenntnisse vom ersten Tag an eine Willkommenskultur in der Schule vorfinden. Diese wird auch von den Vorkurslehrerinnen und -lehrern vorgelebt.“ Für ihre zentrale Rolle sprach die Senatorin den Lehrkräften im Rahmen dieses besonderen Empfangs ihren Dank und ihre Anerkennung aus und betonte: „Ihr Engagement und Ihre Professionalität helfen den Flüchtlingen, in Bremen schnell eine Heimat zu finden. Dank Ihrer Arbeit nimmt unser Bundesland bei der Integration und Beschulung von Flüchtlingen eine Vorreiterrolle ein.“

Junge Frau am Rednerpult

Poetry Slammerin Marjam Amiri präsentierte ihr Stück ‚Das rote Kleid‘ (c) Senatorin für Kinder und Bildung

Zur Information: Mit den Zahlen der Kinder von Geflüchteten und unbegleiteter minderjähriger Ausländer stieg 2015 auch die Zahl der Vorkurse massiv an. Allein in der Stadtgemeinde Bremen wurden im vergangenen Jahr 2.083 Schülerinnen und Schüler in insgesamt 135 Vorkurse aufgenommen. 60 davon wurden erst 2015 eingerichtet. Zirka 90 Vorkurslehrer sind in den vergangen beiden Jahren eingestellt worden. Neben den Kindern von Flüchtlingen kommen viele Zuwanderer aus der Europäischen Union nach Bremen. Auch sie brauchen häufig erhebliche Unterstützung beim Erlernen der deutschen Sprache.

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