Dankbarkeit trägt mich jeden Tag

Steg beim Sognefjord

(c) frauenseiten, Jana Holtkamp

Kein Tag kann so schlimm sein, daß es nicht irgendetwas gibt, dem ich Dank entgegenbringen kann.Dieses Monatsthema Oktober 2015 hat es in sich. Dies auch aus aktuellem Anlaß. Es kommen Menschen zu uns, die dankbar sind, ihr nacktes Leben gerettet zu haben. In dieser Lage befand ich mich einst selber. So kommt alles hoch, was bereits tief eingelagert war. Dabei entdeckte ich, daß gerade diese meine Situation über zehn Jahre hinweg – vom dritten bis zum dreizehnten Lebensjahr – immer wieder in Lagern lebend, den Grund legte, die Dankbarkeit zu entwickeln. Die Not lehrte mich, auch noch für das Allerkleinste dankbar zu sein und das gibt es wirklich. Kein Tag kann so schlimm sein, daß es nicht irgendetwas gibt, dem ich Dank entgegenbringen kann. Allein überleben zu dürfen, ist schon ein grundsätzlicher Anlaß.

Ist es ganz schlimm, kann es ja nur noch langsam besser werden. Es kostet natürlich Durchhaltevermögen und auch Vertrauen. Wie ich es hinbekam, kann ich im Einzelnen gar nicht mehr schildern, aber eines weiß ich noch, daß ich ganz ganz früh nie vergaß, zu danken. Dies war mir ein inneres Bedürfnis und so fing ich eben an, es weiter zu pflegen. Es ist wie das Tüpfelchen auf dem I. Läßt man es aus, fehlt etwas Wesentliches. Dankbar zu sein kann auch schützen, übermäßig ins Klagen zu geraten.

Konzentriert man sich auf das, wofür man trotz alles Mangels noch danken kann, staunt man, wieviel da zusammenkommt. Das hilft, ganz still zu werden und in sich zu gehen. So möchte ich heute einfach der Dankbarkeit meine Dankbarkeit widmen. Sie in mir wachsen zu lassen, hat mich das Leben gelehrt und sie trägt mich einfach jeden Tag.

Elisabeth Kriechel

  1 comments for “Dankbarkeit trägt mich jeden Tag

  1. Herzog sagt:

    Ich bin jeden Tag dankbar dafür, daß ich fast 7O Jahre in Frieden leben konnte,
    wir als Nachkriegsgeneration eine sehr gute Zeit hatten, die ich allen jungen
    Menschen wünsche.

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