Ausstellung in drei Sälen der Bremer Kunsthalle – Thomas Hirschhorn zeigt „Nachwirkung“
Hallo, was ist denn in der Bremer Kunsthalle los? Findet man hier nicht Meisterwerke der europäischen Malerei vom Mittelalter bis in die Gegenwart? Doch, alles ist wie immer noch schön beisammen. Wer die Bilder sehen will muss dazu, wie gewohnt, ein paar Treppen hochgehen.
Wer aber Lust auf Neues hat und neugierig ist, was Künstlern heute einfällt, um sich und uns die Welt zu erklären, der geht vom Eingang gerade aus durch die Tür zum großen Saal und steht dann mitten in einer Ruine. Alles, was hier wie zerstörtes Mauerwerk und rostige Stahlträger aussieht, ist aus Pappe. Der Fußboden ist uneben und klebt. Wer nicht aufpasst (so wie ich) zieht dann schon einmal ein Bündel Paketklebeband hinter sich her, denn dieses Klebeband hängt überall herum. So mit sich selber beschäftigt (schließlich musste ich aus dem Klebebandknäul wieder herausfinden) kann es einem passieren, dass man die vier Kunstwerke aus dem Bestand der Kunsthalle, die hier in der Ruinenlandschaft hängen, übersieht. In der Pressekonferenz erläuterte Thomas Hirschhorn, warum er gerade diese Werke ausgesucht hat und warum sie schief hängen. Dass sie mit Absicht schief hängen, amüsiert mich. Was einem Künstler heute alles erlaubt wird!
Dafür gefällt mir etwas anderes gut: Thomas Hirschhorn erklärt in einem Begleitheft, warum er seine neue Arbeit für die Kunsthalle Bremen Nachwirkung nennt. Er möchte mit seiner Ruine kein billiges Sinnversprechen geben, aber jede Gewissheit soll verschwinden. Ich konnte mich in dieser über drei Räume gehende Installation – mit dieser Erklärung im Kopf – gut auseinandersetzen. Aufgeschreckt wurde ich allerdings, als es hinter einem Pappmäuerchen knallte, so als sei ein Luftballon zerplatzt. Das war nicht vorgesehen: Jemand hatte sich auf eine Pappstufe gesetzt und die war prompt zerplatzt. Gewissheit gibt es tatsächlich nicht in dieser Ruine.
Die Hirschhorn-Ausstellung wurde vom Förderkreises für Gegenwartskunst im Kunstverein Bremen initiert. Seit 1971 unterstützt der Förderkreis jedes Jahr eine Ausstellung zur Gegenwartskunst und setzt sich für Ankäufe ein. Die Hirschhorn-Ausstellung endet am 17. Januar 2916
Helga Schnatmeyer