Ein Loblied auf das Radfahren

Kind auf Fahrrad

(c) privat, frauenseiten ; Bartmann

Welche Erfolgsgeschichte, dieser geliebte Drahtesel! Ich möchte fast behaupten, es ist eines der besten Fortbewegungsmittel auf der ganzen Welt. Erschwinglich, selbst wartungsmöglich, umweltschonend, gut für Körper, Geist und Seele, ein Gefühl von Freiheit vermittelnd.

Auch auf Du und Du mit den Elementen. Wer einmal durchnäßt bis auf die Haut oder im Winter naßkalt und steifgefroren sein Ziel erreichte, weiß wie sie sich anfühlen. Das Gegenteil, sonnenbeschienen und von lauen Lüften umwedelt, verführt gar nicht erst sein Ziel zu schnell anzustreben. Man möchte fahren und fahren und sich noch Flügel dazu wachsen lassen.

Heute lernen die Kinder ja ganz ganz früh das Radfahren, bei mir kam es erst mit 14 Jahren dazu. Es stand durch 10 Jahre Umsiedlung, Flucht, Lagerdasein einfach gar nicht zur Debatte. Man kämpfte um das Allernötigste.

Dann siedelten wir ins Rheinland um und nach einiger Zeit schleppte unser Vater ein altes Herrenfahrrad an, das er günstig erwerben konnte. Zuerst fuhr er sich ein, dann übten meine jüngere Schwester und ich, sooft es eben zur Verfügung stand. Ich erinnere einen Sturz in Brombeerhecken, der mich ganz schön zurichtete. Aufgeben aber kam nicht infrage und langsam bändigte ich auch dieses alte Stahlroß. Sollte es mir doch in meinem ersten Handelsschuljahr in den Sommerferien eine vierwöchige Verdienstmöglichkeit eröffnen, in einem Schreibwarengeschäft half ich aus. Alles nur möglich, weil mich dieses Fahrrad ca. 7 km morgens hin und abends zurückbeförderte. Oft sprang auch mal die Kette ab – das hielt ganz schön auf, sie wieder dahin zu bekommen, wo sie hingehörte. Die Hände schauten auch nicht mehr vorzeigbar aus trotz vorsichtshalber mitgenommener Putzlappen.

Radfahren: Tandemfahrer auf dem Deich

(c) frauenseiten ; C. Trittin

Nun gut, ich verdankte diesem Drahtesel einen Verdienst von 50 DM, damals viel Geld. Dazu kommt noch, daß der Inhaber des Geschäftes mit mir sehr zufrieden war und Aussicht bestand, mal wieder auszuhelfen. Er handelte auch mit Schreibmaschinen, ein großer Schatz für eine Handelsschülerin, die ja nur in der Schule die Möglichkeit hatte, zu schreiben. Kurz und gut, er bot mir an, diese 50 DM anzuzahlen, eine Olympia-Kofferschreibmaschine zu erwerben, den Rest in Raten abzustottern. Die Eltern willigten nicht nur ein, sie zahlten ab und meine Note in Schreibmaschine kletterte immer höher.

Nach dieser Fahrraderfahrung sollte es eine lange Pause geben, bis ich dann endlich als Mutter von zwei Kindern ein Klappfahrrad mein eigen nennen konnte. Was haben wir für tolle Touren gemacht. Für eine Urlaubsreise war einfach kein Geld da, so ging es in den Sommerferien an jedem schönen Tag bepackt mit Ess- und Trinkbarem auf Fahrt ins Blaue. Wir fühlten uns sowas von frei und glücklich und pflegten unsere Räder regelmäßig, sie waren einfach für uns ein Schatz.

Radfahren: Bepackte Fahrräder auf einem Schiff

(c) Elfie Siegel

Bevor ich nach Bremen zog, haben wir als Großeltern jahrelang in Fischerhude gewohnt und Kinder und Enkel dann in Narthauen per Fahrrad besucht. Herrlich, hier in der Ebene königlich auf seinem Fahrrad zu sitzen und durch die Landschaft zu radeln. Das Klapprad hatte ich inzwischen einer Initiative mitgegeben, die gesammelte Spenden per Lastwagen persönlich nach Tschernobyl brachte. Diesen Entschluß faßte ich ganz spontan und erwarb danach ein gut erhaltenes gebrauchtes Fahrrad. Hier nach Bremen umgezogen, ließ ich es erst einmal im Keller, die Stadt wollte ich zu Fuß kennenlernen. Natürlich nahm ich den regen Fahrradverkehr hier wahr und auch, daß ich als quasi Landei mich nicht in dieses Gewusel einreihen wollte. Ich muß dazusagen, inzwischen hatte mich eine schwere Sehbehinderung betroffen. Also Ausschau halten, wer mein Fahrrad evtl. brauchen konnte und es sollte nicht lange dauern, daß eine Küchenhilfe hier bei der Bremer Heimstiftung sich riesig freute, es geschenkt zu bekommen.

So fährt es immer noch durch Bremen und ich singe allen Fahrrädern mit diesem Bericht ein Loblied. Bremen ist eine Fahrradstadt und das ist auch gut so, ab und zu könnten sie ein wenig mehr Rücksicht auf Fußgänger nehmen, aber im Großen und Ganzen klappt es ja.

Elisabeth Kriechel

  1 comments for “Ein Loblied auf das Radfahren

  1. Kerstin sagt:

    Eine schöne Lobeshymne auf das Fahrrad, aber ehrlich gesagt, könnte ich mir ein Leben ohne Fahrrad gar nicht vorstellen.
    Gruß Kerstin

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