Gewalt in der Pflege…

…kommt überall und durch Jeden vor!

ausgestreckte hand, Schatten, Drohung

(c) Robers

Zu diesem Thema versammelte sich am 5. Mai 2015 ein überschaubarer Kreis im Bildungszentrum – Alte Rembertischule – der Bremer Heimstiftung. Adele Ihnen – Bremer Forum gegen Gewalt in Pflege und Betreuung – referierte:

„Überall da, wo Menschen in schwierigen Situationen aufeinandertreffen, können auch gewalttätige Situationen entstehen“.

Wie recht hat sie. Im Kreis saßen pflegende Fachkräfte, pflegende Angehörige und auch ältere Menschen, die noch keine Pflege in Anspruch nehmen, sich aber informieren wollten. Welch sensibles Thema. Gut, gleich nicht zu weit, sondern auch direkt in sich selbst zu sehen. Wie schnell kann es geschehen, daß eine Handlung oder Reaktion geschieht, noch gar nicht bewußt, was von ihr ausgeht, bei bestem Vorsatz und noch so gutem Willen. Das fängt beim Kind an und hört beim Greis nicht auf, untereinander und auch gegenseitig, Streß, Überforderung, Schwäche, falsche Selbsteinschätzung, hohe Anforderung an sich selbst können Entgleisungen zeitigen, einfach ein schwacher Tag bei einem selber, nicht wirklich bemerkt, nicht sich selbst zugestanden.

Wachsam sein!

Was tun? Im Rundgespräch kam alles vor, was man theoretisch an diesem Abend zusammentragen konnte und letztendlich dann blieb: „Wachheit entwickeln, ehrlich mit sich selber sein, das Gespräch suchen, auch den Mut haben, sich einzugestehen: hier gibt es eine Schranke für mich, da muß ich darum bitten, daß mit diesem Menschen evtl. ein anderer umgeht. Immer wieder kommt bei mir zu schnell etwas hoch und ich merke es zu spät.

Was alles schon kann Gewalt sein?

Da sind die Grenzen ebenfalls fließend und noch so gut Gemeintes ist im Augenblick für den, dem es zugedacht ist, schon eine Art von Gewalt. Lange habe ich über diesen Abend nachgedacht, bin in mich gegangen und habe alles sacken lassen, was ich aufnehmen durfte. Ich verbot mir, darüber sofort zu schreiben und das war gut so.
Nun sind einige Tage vergangen und in mir leuchtet etwas auf, daß nur uns Menschen zu eigen ist:
„Das Sprechen – miteinander sprechen“.

Welch herrliche Gabe

Zwei Hände liegen aufeinander.

Quelle: Antje Robers

Gelingt es, den Mund aufzutun und sich zu artikulieren, ist schon der Bann gebrochen. Wen man anspricht, ist erst einmal zweitrangig, aber ja nicht immer wieder hinunterschlucken und so ein Pulverfaß entstehen lassen. Den Anfängen wehren. Sich dies wirklich einprägen und auch um Ruhe ringen, dann in einem nicht verletzenden Ton aussprechen. Das geht und es gibt immer im Umkreis jemanden, zu dem man Vertrauen hat.

Denken wir an die zunehmende Gewalt in der Welt zur Zeit. Wieviel ist da an Gespräch versäumt worden. Solange man miteinander spricht, schweigen die Waffen, diese haben noch nie Konflikte wirklich gelöst, mehr angereichert und explodieren lassen. Wie weise ist doch diese Unterscheidung von Tier, Pflanze und Stein, alle drei können sich nicht einer wirklichen Sprache bedienen, diese ist dem Menschen vorbehalten worden. Mit dieser Fähigkeit begabt, hat er auch Verantwortung, sie zu gebrauchen und sich anhand von Ausdrückenkönnen zu artikulieren, nicht alles hinunterzuschlucken und es anzustauen – nein, Gelegenheit zur Aussprache zu suchen. Unendlich viel ist dann möglich und alle Seiten sind letztendlich danach wie befreit. Ist man noch einigermaßen wirklich Mensch, dann widerstrebt einem Gewalt. Es tut dem inneren Wesenskern weh, sie auszuüben, sie auszuhalten.

Ich stammele hier einen Werkstattbrief, selber nicht wissend, wie Gewalt zu wenden ist, aber hoffnungsfroh, daß es nicht unmöglich ist. Arbeiten wir jeder an seinem Platze daran, etwas mehr Bewußtsein zu entwickeln, überhaupt wacher zu werden, nicht zu vorschnell zu sein, den kleinen Schritten den Vorrang zu gewähren und einfach weiter an sich zu arbeiten.

Elisabeth Kriechel

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