Den Menschen etwas Schönes anbieten

Junger Mann schiebt alte Dame im Rolli

Guilio Leuzzi und Rosemarie Vierhaus (c)Uta Albrecht

Guilio Leuzzi kennt die Sonnen- und Schattenseiten des Lebens. Der stark hörgeschädigte Mann hat nach langer Suche seine berufliche Heimat gefunden: Er ist Seniorenbetreuer bei der Bremer Heimstiftung.

Wenn man sich mit Guilio Leuzzi unterhalten will, muss man laut und deutlich sprechen, sich mit dem Gesicht zu ihm wenden und wenn´s geht, ein wenig zum rechten Ohr beugen. Leuzzi ist stark hörgeschädigt, auf dem linken Ohr ist er fast taub, rechts hat er ein Hörvermögen von 60 Prozent.

Kann man mit diesen Einschränkungen einen Beruf ausüben, in dem man mit Menschen arbeitet? Ja, man kann: Guilio Leuzzi macht es vor. Der 42-Jährige ist als Seniorenbetreuer in drei Wohngemeinschaften der Bremer Heimstiftung tätig. Eine davon befindet sich mitten in Walle. Hier leben neun alte Menschen auf einer Etage mit individuell eingerichteten Zimmern und einer großen Wohnküche. Einmal in der Woche erhalten die pflegebedürftigen Bewohnerinnen und Bewohner „Besuch“ von Leuzzi.

Angebote für Demenzkranke

Seit September letzten Jahres hat er diese feste Halbtagsstelle. Sein Betätigungsfeld „Betreuungskraft nach § 87 b SGB XI“ gibt es noch nicht lange. Es wurde Mitte 2008 eingeführt als gesetzliche Pflegeleistung für Menschen mit Demenz, geistiger Behinderung oder psychischer Erkrankung. „Zusätzliche Betreuung und Aktivierung“ heißt es nüchtern im Gesetzestext. Leuzzi übersetzt: „Ich mache Angebote zur Zeitgestaltung, knüpfe an Erinnerungen an und fördere meine Klienten motorisch.“ Spaziergänge, Gedächtnistraining, auch Gymnastik füllen die Zeit mit den Senioren. „Ich muss ihre Ressourcen erkennen, mobilisieren und fördern.“ Ein Job, der nichts mit Pflege zu tun hat und dennoch umfangreiches Fachwissen erfordert. Dieses wird in einer zertifizierten Fortbildung vermittelt.

Junger Mann und alte Dame am Tisch

Guilio Leuzzi und Rosemarie Vierhaus bei der spielerischen Aktivierung (c)Uta Albrecht

Wie der Name vermuten lässt, hat Guilio Leuzzi italienische Wurzeln; seit 28 Jahren lebt er in Bremen. Der berufliche Werdegang ist vielseitig: Leuzzi hat zunächst Informatik studiert, später eine Lehre als Restaurantfachkraft absolviert und lange in diesem Beruf gearbeitet. Nebenher hat er sich zum Qi Gong-Trainer qualifiziert. Während der Zeit in der Gastronomie erlitt er einen Hörsturz, der zu der Hörschädigung führte. Auch wegen der Folgen einer Borreliose-Erkrankung war lange Zeit unklar, in welchem Rahmen er wieder arbeiten konnte.

Den Menschen etwas Schönes für den Tag anbieten

Leuzzi ist froh, dass er im Frühjahr letzten Jahres den Hinweis bekam, sich an die Integrationsfachdienst Bremen GmbH (ifd bremen) zu wenden. Das gemeinnützige Dienstleistungsunternehmen hat sich auf die Arbeitsvermittlung von Menschen mit Handicap spezialisiert. Gemeinsam mit der Beraterin erforschte er seine beruflichen Stärken. Es wurde deutlich, dass er aus familiären Bezügen ein hohes Know-how über das Altern und die Bewältigung schwerer Erkrankungen mitbringt. Ein Beruf im sozialen Bereich, wie zum Beispiel in der Seniorenbetreuung, lag da nahe. Die Beraterin vermittelte ihm ein Orientierungspraktikum bei der Bremer Heimstiftung. Leuzzi war begeistert, absolvierte im Anschluss die Fortbildung und geht heute in seinem Job als Seniorenbetreuer auf. „Ich will kein Bespaßer sein“, sagt er, „aber sehe mich in der Pflicht, den Menschen etwas Schönes für den Tag anzubieten.“

Seine Kolleginnen und Kollegen haben sich mit seiner Einschränkung schnell arrangieren können. Dafür hat unter anderem Heike Baratali gesorgt. Die examinierte Altenpflegerin ist seit fünf Jahren als Fachbegleiterin für die Wohngemeinschaft zuständig. Kurz nach Leuzzis Anstellung hat sie eine Fortbildung zum Thema „Schwerhörigkeit“ besucht und die Infos an ihr Team weitergegeben. „Beim Reden angucken, deutlich sprechen, persönlicher Kontakt bei Absprachen“, so Baratali. „Es hat sich alles prima eingespielt“, berichtet sie.

Sie war es auch, die Guilio Leuzzi im Praktikum betreut und später für die Anstellung vorgeschlagen hat. „Es hat von Anfang an gepasst“, sagt Baratali. Ein großes Kompliment für den Neueinsteiger, denn die Seniorenwohngemeinschaft verwirklicht einen hohen Anspruch: „Die Bewohner können bestimmen, was sie wollen und was nicht. Wichtig ist, dass man die Menschen so lässt, wie sie sind. Man darf die Leute nicht verbiegen“, so Baratali. Und dazu benötigt man Respekt, Einfühlungsvermögen und Mitmenschlichkeit.

Uta Albrecht

  1 comment for “Den Menschen etwas Schönes anbieten

  1. Ellen sagt:

    Dieser Integrationsfachdienst scheint ja eine sehr sinnvolle Einrichtung zu sein. Es tut gut darüber zu lesen.

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